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In Liestal erhielt Pfarrer Stör im Dezember 1523 als Helfer den gleichgesinnten Heinrich Sinckentaler. An die dann durch Störs Weggang erledigte Pfarrei selbst kam im August 1524 Jerg Fatzman; da die Gemeinde sich diesen Altgläubigen nicht wollte gefallen lassen, mußte er schon nach einer Woche den Platz wieder räumen und erhielt als Nachfolger den Hans Bruwiler von St. Gallen, der in einer der Gemeinde zusagenden Weise predigte.

Über diese Alle hebt sich die Gestalt des Johann Ökolampad.

Er ist uns schon früher in Basel sichtbar geworden, vom Herbste 1515 zum Frühling 1516, als Mitarbeiter des Erasmus am Neuen Testament. Er betrieb damals hier auch theologische Studien, die er in seiner Heimat Weinsberg, wo er Predikant war, fortsetzte — mit Unterbrechung durch einen kurzen Aufenthalt in Basel im Herbste 1516 — und dann im November 1518 wieder hier in Basel mit der Doktorpromotion schloß. In diesem Jahre 1518 war er hier auch predigend am Münster tätig, neben Capito und dem Pleban Wenk. Im August desselben Jahres veröffentlichte er hier bei Cratander seine griechische Grammatik.

So zeigt uns diese Frühzeit ein wiederholtes Dasein und Arbeiten Ökolampads in Basel. Seine Beziehungen zu Erasmus, seine Freundschaft mit Capito Pellican und andern Männern der humanistischen Kreise, sein Verkehr mit den Herren der Fakultät, — Alles machte ihn zum Teilnehmer am Leben des Ortes. Zum Basler wurde er auch durch sein Verwandtsein von der Mutter her, durch seine gute Bekanntschaft mit Cratander, durch seine Amtstätigkeit in der großen Münstergemeinde.

Dann aber rückt er in die Ferne, da er vom Augsburger Domkapitel an die dortige Predikatur berufen wurde, im November 1518. Seine Gelehrsamkeit empfahl ihn; mehr noch wirkte die Erwartung, daß er das Luthertum bekämpfen werde. Er war von Frömmigkeit alter Art. Schon den Genossen des erasmischen sodalitium in Basel hatte er durch abergläubige Regungen Unbehagen bereitet, und wie viel sagt uns die Einzelheit, daß er, kaum in Augsburg heimisch, einige Handvoll Erde vom dortigen Ulrichsheiligtum an ein paar devote Weiber in Basel schickte, die ihn darum gebeten hatten!

Aber jetzt in Augsburg kam für Ökolampad die Zeit des Ergriffenwerdens durch Luther. Die Zeit innerer Kämpfe, wobei ihn auch die Sorge plagte, seinem Predigeramte nicht genügen zu können. Er verlangte, aus dieser miseria in die Einsamkeit zu fliehen und dort mit sich selbst ins Reine zu kommen. Alte Sympathien für das Klosterleben regten sich wieder

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 341. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/362&oldid=- (Version vom 1.8.2018)