Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 3.pdf/370

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Macht seines Wirkens. Nach so vielem Zersplitterten und Momentanen erscheint die Basler Bibel als das erste monumentale Produkt der petrinischen Offizin.

Was Petri damit vollbrachte, war Antwort auf ein starkes Verlangen weiter Kreise. Schon im Oktober 1522 verkündet Rhenan seinen Freunden das bevorstehende Erscheinen dieser Übersetzung; jetzt liegt sie da, und „es ist nicht zu sagen, mit welcher Gier sie gekauft wird“.

Wir beachten noch die besondere Art der Edition. Petri beschränkte sich nicht auf einfache Reproduktion seiner Vorlagen. Beim Alten Testamente zog er Pellican zu, damit er die Übersetzung mit dem Urtexte vergleiche, und der Ausgabe des Neuen Testamentes wurde ein Glossar angefügt, das die dem oberdeutschen Leser unverständlichen Worte der Luthersprache erklärte.


Auch im Brechen großer zwingender Lebensformen zeigt sich eine Wirkung der neuen Lehre.

Seit Langem hat das Klosterwesen die Ernsten und die Spötter beschäftigt; wenn jetzt gelehrt wird, daß die Orden menschliches Gebot und unnütz zur Seligkeit seien, und wenn die Heiligkeit des Berufslebens verkündet wird im Gegensätze zum Dasein selbsterworbener Vollkommenheit im Kloster, so trifft das Viele ins Herz. Es gibt Mönche und Nonnen, die als „arme Gefangene Gottes“ schwer an diesem Stande tragen, und auch Solche, die im Kloster Frieden gefunden haben und nichts Andres begehren. Um die zahlreichen Klöster her aber bewegt die Diskussion dieser Fragen weite Kreise.

Amerbach und Erasmus erblicken im Bruche der Klostergelübde nur eine die christliche Freiheit vorschiebende Pflichtverachtung und Lust, während Ökolampad aus eigener Erfahrung heraus verlangt, daß diese an schweren Kämpfen und Sorgen reichen Klosteraustritte ernst genommen werden. Mitten zwischen den Streitenden steht die Gestalt des evangelischen Mönches Pellican.

Wir lernen Einzelheiten kennen, die Folgen solcher Überlegungen und Debatten sind. Die durch Werke stärkster Devotion ausgezeichnete Marie Zscheckabürlin, des Morand von Brunn Witwe und des Karthäuserpriors Nichte, widerruft im Dezember 1523 ein vor fünf Jahren ausgesetztes Legat, das den Eintritt einer armen Tochter ins Kloster ermöglichen sollte; sie verfügt jetzt statt dessen, daß mit diesem Geld eine Tochter zur Ehe ausgesteuert werden solle. Kurz darauf annulliert sie eine andre Verfügung

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 349. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/370&oldid=- (Version vom 1.8.2018)