Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 3.pdf/391

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Auch die Stadt Basel war Herrin eines bäuerlichen Untertanenlandes. Dies Verhältnis selbst und was ringsum war und geschah, konnte ihr Anlaß genug geben, sich über das allerorts verhandelte Bauernproblem Gedanken zu machen. Aber nur gelegentliche Äußerungen lassen uns etwas hiervon erkennen. Wenn in Gengenbachs Gäuchmatte der Bauer bei Frau Venus seine Marktware verbuhlt und zuletzt durch die erboste Bäurin unter Schlagen und Haarausraufen nach Hause geholt wird, so ist das der übliche Hohn des Städters über den Tölpel. Anders lautet es im gengenbachischen Spiel von den Totenfressern, wo der Bauer über die faulen Pfaffen und Mönche schilt, die ihm die Frucht seiner Arbeit wegnehmen. Wie lebensvoll dann die Bauernbilder Holbeins, Kunstwerke, die uns Alles darstellen: die Verspottung des dummen Rüpels, aber auch die Freude am Kontraste von Bauerngestalt und städtischer Feinheit, aber auch tiefe Empfindung für das Los des Bauernstandes, für das harte heilige Ackerwerk.

Seit dem Jahre 1523 zeigten sich hier agrarische Unruhen. Zunächst in Bestreitung alter Zins- und Zehntrechte. Aus solchem Widerstreben in Einzelnem erwuchs allmälich eine an das Verpflichtetsein überhaupt rührende Rebellion, und besorgt äußerte sich der Rat über die „Empörungen des gemeinen Mannes“.

Ende Aprils 1525 vernahm er, daß seine Bauern unruhig wären und losbrechen wollten. Er beschloß, ihnen zuvorzukommen, sie in Unterhandlungen festzuhalten. Ihre Ausschüsse, vier Männer aus jedem Dorfe, wurden auf den 3. Mai nach Sissach gerufen und Deputierte des Rates zu dieser Konferenz bezeichnet.

Aber dieser Beschluß hielt die Ereignisse nicht auf. Am 30. April wurden die Klöster Olsberg und Iglingen durch Bauern verwüstet, am 1. Mai das Kloster Schöntal. An eben diesem Tage, da in Basel die Zünftler bankettierten und zum Teil konspirierten, hatte auch Liestal sein Revolutionsfest. Der große Pfrundkeller des Domstifts wurde aufgebrochen, sein Inhalt unter Jubel und Hohn ausgetrunken.

Eine dunkle schwüle Stimmung liegt in diesen Tagen über Liestal, das seine alte zentrale Stellung im Lande, seine Auszeichnung als Schultheißenstadt nicht nur den Dörfern gegenüber, sondern durch die Macht des Momentes gehoben jetzt auch der großen herrschenden Stadt gegenüber empfindet. Da neben dem guten Schultheiß Brötlin neue Tagesgrößen auftreten und Führer der sisgauischen Bauersame sein wollen: Peter Wächter, Fridli Müller, Heini Soder. Bis am späten Abend dieses Tages noch Stephan Stör zu ihnen kommt. Derselbe Stör, der uns s. Z. als

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 370. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/391&oldid=- (Version vom 1.8.2018)