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Wir erwähnen zwei Fälle:

1. Der bischöfliche Fiskal Cosmas Hertel wird im November 1524, weil er die Bürgerschaft zum bischöflichen Proteste gegen die Aufhebung der Martinszinszeremonie gerufen hat, vom Rate gefangen gesetzt und ihm auferlegt, entweder das Fiskalamt oder seine Zunft aufzugeben; er soll nicht zweien Herren dienen.

2. Der Domherr Jost von Reinach hat eines armen Schneiders Tochter verführt und ohne Wissen der Eltern, die sie überall suchen, bei sich behalten. Wie die Sache auskommt, läßt ihn der Rat festnehmen und über den Kornmarkt zur Haft im Spalenturme führen. Erst auf Verwendung des Bischofs, des Domkapitels und der reinachischen Verwandten wird er freigelassen.

Beidemale verletzte der Rat Privilegien der Kirche, zur gleichen Zeit, da er durch andere Eingriffe die bischöflichen Hoheitsrechte schädigte. Alles wies auf ein gesammeltes Vorgehen weltlicher Macht hin, dessen Absichten sich schon in mancherlei Belästigungen und Schmähungen von Klerikern voraus verkündete. Es gab ängstliche Prälaten am Dom, die schon das Schlimmste, die Vertreibung aus Basel, fürchteten; der unbeugsamere Coadjutor Diesbach versuchte es mit energischer Einsprache. Aber was er im November 1524 klagend vor Rat brachte, blieb ohne Wirkung.

Vielmehr kam schon im folgenden Jahre die Regelung, die den klerikalen Vorrechten ein Ende machte.

Es geschah plötzlich. Nicht durch einseitigen Entschluß der städtischen Behörde verfügt, sondern vom Klerus selbst vorgeschlagen. Den Anstoß gab der Aufstandsversuch vom 1. Mai 1525, der, wie bekannt wurde, zu Gewalttaten namentlich gegen die Pfaffheit führen sollte; Gier nach dem Kirchengut und Unwille über die Befreiung des Klerus von bürgerlichen Lasten waren Motive. Die Lage schien so drohend, daß es nur eines Winkes des Rates bedurfte, und der Klerus brachte rasch seiner Sicherheit dieses Opfer. Er begab sich in den Schirm der Stadt, worauf sofort am 2. Mai durch ausdrücklichen Beschluß des Kleinen und Großen Rates die Weltgeistlichen in der Stadt zu Bürgern angenommen wurden: sie sollten jetzt und dann alljährlich den Bürgereid schwören; sie sollten verpflichtet sein, in der Stadt Nöten und Geschäften Kriegs- und Wachtdienst mit ihrem Gelde zu leisten, auch gleich andern Bürgern Steuer und Ungeld zu entrichten; sie sollten in weltlichen Sachen vor dem Schultheißengerichte Recht geben und nehmen; sie sollten den Geboten und Verboten des Rates gehorsam sein. Damit war Alles gesagt, jedes bisherige Privileg beseitigt, eine städtischem Wesen widerstrebende Institution aus der Welt geschafft.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 389. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/410&oldid=- (Version vom 1.8.2018)