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im Bettlerwesen. Wir denken auch an die weltlichen Almosenpflegereien und an die Wärmstube, die der Rat seit 1509 zur Winterszeit im Hause zum Schnabel (Judenschule) für arme Leute heizte.

Der Zustand der alten Basler Caritas in seiner höchsten Ausbildung könnte nur durch Darlegung aller Einzelheiten geschildert werden, was hier nicht möglich ist. Mit den verschiedenen Anstalten für Hilfsbedürftige, den kirchlichen Almosenfonds, den zahllosen und mannigfaltigen kirchlichen Spenden, der unübersehbaren privaten Wohltätigkeit zeigt er das Bild eines nach allen Seiten auseinandergehenden Reichtums von ungeordneter Bereitwilligkeit und Leistung; im Hintergrunde jedes Tuns steht die Lehre von der Verdienstlichkeit guter Werke, vor Allem des Almosengebens.

Es verhielt sich dies in Basel wie in andern Städten, bis auch hier durch große neue Gedanken, in der Zeit geboren, der Weg zu einer frischen Betrachtung und zu einer einheitlichen, rein profanen Ordnung dieser Dinge gewiesen wurde.

Nachdem schon Geiler in Straßburg als Pflicht der weltlichen Obrigkeit bezeichnet hatte, das Armenwesen zu ordnen, erhob jetzt Luther die Stimme und forderte, daß jede Stadt für ihre armen Leute sorge und die Bettelei unterdrücke. Unmittelbare Anwendung fand dieses Verlangen rasch in der am 23. Juli 1522 erlassenen Armenordnung der Stadt Nürnberg. Dieser „erste reichsstädtische Versuch, eine obligatorische weltliche Armenpflege aufzurichten und die Bettelei abzuschaffen“, erregte Aufsehen; die Nürnberger Ordnung diente als Vorbild für die Armenordnung Straßburgs vom August 1523, und es ist bedeutsam, daß sie sofort in Basel nachgedruckt wurde.

Bedeutsam ist aber auch, wie hier in Basel selbst Pamphilus Gengenbach, im Spiel von den drei Christen, das Idealbild einer Armenpflege entwarf, die keinen Bettler in der Stadt duldet und den Bedürftigen aus dem durch Einziehung allen Kirchengutes gebildeten „gemeinen Seckel“ hilft; wie Ulrich Hugwald schon 1520 eine obrigkeitlich geordnete Armenpflege mit dem Erlös aus Kirchengütern und Zehnten forderte; wie Ökolampad 1523 für eine Mildtätigkeit ohne Grenzen und Vorbehalt, aber auch für obrigkeitliche Maßregeln gegen unwürdige Bettler eintrat, statt der Gaben an Kirchenbau die Sorge für Armenhäuser und den Verkauf der kostbaren Kirchengeräte zu Gunsten der Armenpflege empfahl.

Dies war die Umgebung, in der Peter von Wissenburg der Kaufmann im April 1523 die Summe von viertausend Gulden zu Unterstützung von Armen bestimmte und diese Stiftung unter die Aufsicht des Rates stellte.

Wie viel eigene Gedanken waren in diesem Allem? wie viel Anregung von Luther und der Nürnberger Ordnung her? Jedenfalls erhebt sich nun auch der Rat.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 394. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/415&oldid=- (Version vom 1.8.2018)