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Neben der frobenischen Offizin trat hauptsächlich die cratandrische hervor. Wir kennen die Anfänge des Andreas Cratander. Rasch schuf er sich eine selbständige und bedeutende Stellung, durch seine frische Persönlichkeit wirkend, gewerbliches Geschick mit gelehrter Bildung verbindend. Mutig stellte er seine Arbeit unter die Huld der leicht über die Erde hinschwebenden Göttin der Gelegenheit; er diente ihr in seinen Signeten.

Er hatte freundschaftliche Beziehungen zu Capito und namentlich zu Ökolampad, ferner zu Hedio Zwingli Vadian. In seinem gastfreien Haus an der Petersgasse nahm er Denk auf, Hinne Rode, Christoph Heil und viele Andre. Er war mit Begeisterung Hörer der berühmten Jesajasvorlesungen Ökolampads.

Dies Alles zeigt seine Teilnahme an den Kämpfen der Zeit. Aber seine Presse wurde deswegen nicht zur Agitationspresse. Er hielt sie in der Höhe. Wenn er auch zwischen hinein etwa ein Stück Tagesliteratur verlegte, so befriedigte ihn das nicht. Sein Gebiet waren die guten und dauerhaften Autoren, vor Allem Klassiker wie Cicero Horaz Plautus Sallust, aber auch Lactanz, das cornu copiae des Perotti, Briefe des Budaeus u. dgl. m. Aber auch Schriften des Zasius und des Alciat erschienen bei ihm, und in lebendiger Weise wird uns dargestellt, wie er sich der wälschen Kollegen Bebelius Resch Parmentier erwehren mußte, die ihm den Verlag abzugewinnen versuchten. Er war der Verleger Ökolampads, wie Froben derjenige des Erasmus war; ebenso der Verleger Sicharts.

Dieses mächtige Arbeiten entlang offenbart sich uns Cratanders Leben und Wesen in manchen Einzelheiten: wie er dem Seilergesellen Thomas Platter einen Plautus schenkt, mit dem erasmischen Famulus Felix zusammen das Rheintal hinab reist, in der St. Galler Bibliothek nach Handschriften sucht, dem Freunde Vadian gelegentlich das Latein korrigiert. Albanus Torinus aber, der Herausgeber des Theokrit, der 1530 bei Cratander gedruckt wird, entwirft in der Dedikation dieses Buches an Cratanders Sohn Polykarp das schöne Bild des Vaters, des als „unsterbliche Zier der Buchdrucker“ zu preisenden, weil er nur solche Autoren zur Edition erwähle, die wahrer Gelehrsamkeit und aufrichtiger Frömmigkeit dienen, und weil er mit all seinem Eifer, seiner Arbeit und Mühe nicht sich selbst Schätze zu erwerben, sondern dem Vaterland und den Studien zu nützen bestrebt sei.


Thomas Wolf führte den Betrieb der alten Offizin seines Vaters Jacob von Pforzheim weiter. Aber im Vergleiche mit Jenem war er ein

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 441. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/462&oldid=- (Version vom 1.8.2018)