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Atrocianus. Das sind nur Namen und Zahlen; aber wir erfahren genug, um die gute Durchschnittsqualität dieser Schulmeister zu erkennen. Sie holen sich von der Karthäuserbibliothek den Ovid, den Sallust, den Plinius, den Quintilian, den Lorenzo Valla u. A. zum Studium; Atrocianus dichtet Elegien und Epigramme, ediert den Ämilius Macer de herbarum virtutibus, bringt es zum Professor für Mathematik und für Logik und zum Doktor der Medizin; Lepusculus hat das Zeug, Professor und Obersthelfer zu werden.

Im Anschluß an diese Männer dürfen die Privatschulen des Melchior Macrinus, wo griechisch gelehrt wird, und des Ulrich Hugwald genannt werden, in der künftige Prediger und Juristen Unterweisung in der Rhetorik erhalten. Vor allem Andern aber wird uns diese die hohe Wissenschaft umgebende Welt nahe gebracht durch die herrlichen Szenen, da Thomas Platter, beim Seilen insgeheim den Plautus lesend, auf der Seilerbahn des Petersplatzes durch Erasmus und Rhenanus aufgesucht wird, die ihm zureden, damit er das Handwerk lasse und nur der Gelehrsamkeit gehöre; oder da er in der Schulstube zu St. Leonhard, noch mit der Arbeitsschürze am Leib, einer Schar „feiner gelehrter“ Hörer die hebräische Grammatik vorträgt und den Propheten Jonas kommentiert. Platter ist überhaupt Derjenige, an dem wir die Gewalt des neuen Geistes, aber auch die leidenschaftliche Hingabe Einzelner lebendiger als irgendwo sonst erfahren. Auch Johann Oporin gehört in die Reihe dieser Menschen, in denen die Kraft des Zeitalters sich ebenso sehr durch Unruhe äußert als durch eine rücksichtslos jede Gelegenheit ergreifende Begierde zum Lernen und Vorwärtskommen. Nach kurzer Studienzeit, während deren Oporin auch dem Erasmus nahetritt, wirkt er, noch nicht zwanzigjährig, schon als Lehrer an der Klosterschule zu St. Urban. Dann, um das Jahr 1526, wird er in Basel Lehrer an der Pfarrschule zu St. Leonhard; nebenbei kopiert er griechische Manuskripte für die Presse Frobens und läßt sich durch Thomas Platter im Hebräischen schulen. Bis er aufs Neue Student wird, Vorlesungen des Paracelsus und Amerbachs hört und mit Ersterem als dessen amanuensis lebt. 1530 finden wir ihn wieder im Lehramt, in der Schule auf Burg.

Ebenso beginnt der spätere Professor der Rechtswissenschaft Johann Sphyractes (Jeuchdenhammer) für uns als Schulmeister; zu Ende des Jahres 1525 ist er Provisor an der Theodorsschule, um das Jahr 1529 Lehrer an der Petersschule.

Daß zu Zeiten Neues in diese Kreise hereinwirkt, erleben wir auch an dem Rechenmeister und Hebraisten Johann Böschenstein, einem Eßlinger,

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 457. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/478&oldid=- (Version vom 1.8.2018)