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Interesse des durch ungezügeltes Predigen gefährdeten Stadtfriedens suchte der Rat eine völlig klare und zugleich beiden Parteien dienliche Ordnung zu schaffen, unter Ausschluß alles Dessen, was nicht heilige Schrift ist, und mit der offiziellen Präsumption, daß jede Partei, auch die altkirchliche, nur das in dieser heiligen Schrift enthaltene Wort Gottes predige. Wenn demzuwider die Übelstände des zwiespältigen Predigens dennoch fortdauerten, so kommt dies hier nicht in Betracht, wo es sich um die Tendenz und Politik des Rates handelt; das Wesentliche ist seine Meinung, daß innerhalb des von ihm festgestellten Rahmens Freiheit der Lehre und des Glaubens walten sollte.

Aber der Rat handelte nicht nur als Stadtherr und Obrigkeit, sondern auch „als Stadtgemeindehaupt, als ausführendes Organ der Bürgerschaft“. Wie innerhalb dieser die Glaubensparteien bestanden, so innerhalb des Rates.

Unter der Führung hauptsächlich des „schwarzen“ redemächtigen Heinrich Meltinger stand im Rate die Partei der am alten Glauben Festhaltenden. Durch Ökolampad eine „kleine Tyrannengruppe“ genannt; nach der scharfen Schilderung des Chronisten eine Fraktion, in der Alle untereinander verwandt waren, die großen Anhang von Pfaffen hatte und dem Worte Gottes mächtig widerstand. Für unser Gefühl eine z. T. glänzende Repräsentanz alter, aber dem Niedergange verfallener Art. In ihr vortretend vielgenannte und bewährte Männer wie Hans Oberriet, Hans Stolz, Andreas Bischoff, Wolfgang Harnisch, Lux Iselin.

Ihnen entgegen erhoben sich die Bekenner neuen Glaubens: Marx Heidelin, Jacob von Wissenburg, Hans Irmi u. A., im Einzelnen weniger erkennbar als ihr Haupt, der anziehende Jacob Meyer zum Hirzen. Aber von Wichtigkeit war, daß die Männer der städtischen Kanzlei — Schaller Ryhiner Beyel —, denen so Vieles anvertraut werden mußte, ebenfalls zu den Reformfreunden zählten; unter der Wirkung ihres Willens standen nicht nur Haltung und Ton der obrigkeitlichen Erlasse, sondern da und dort wohl auch die Sache selbst.

Endlich bestand eine Mittelpartei, durch Gemäßigte und Indifferente gebildet, deren Dasein sich nur gelegentlich verrät, die aber als ausgleichende Kraft von Bedeutung war für die Haltung des Rates; als ihren Leiter dürfen wir den kühlen Adelberg Meyer ansprechen.

Formell bekannte sich der Rat als solcher, soweit es nötig war, zum bisherigen Kirchentum und übte demgemäß immer noch alte Bräuche offizieller Devotion, am Heiligen Grab im Münster, bei der Fronleichnamsprozession usw. Es war ein Bleiben im Überlieferten und zeremoniell

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 464. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/485&oldid=- (Version vom 1.8.2018)