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an dem Mönchtume Pellicans sich stieß und in ihm einen Patron des Aberglaubens sah. Pellican nahm den Ruf an; am 22. Februar 1526 wanderte er von hier fort. Noch als Klosterbruder. Dann am 16. März 1526 in Zürich legte er die Kutte ab. Und nun, da er fort war, er, der letzte Gefährte aus alten schönen Tagen, empfand Ökolampad die Bitterkeit des Verlassenseins.

Auch andre Freunde früherer Zeit hatte Ökolampad verloren, zumal den Erasmus. Von überall her kamen überdies Anfeindungen, und hier am Orte selbst waren die Gegner zahlreich. Aber nicht die Gegnerschaft allein bedrängte ihn; er litt auch unter falschen Brüdern, unter Schwarmgeistern und Dissidenten. Mitten unter allen Diesen mußte er leben, sub talibus agere, ohne gute Ratgeber zur Seite zu haben.

Er war allein und trug die Arbeitslast allein; oft hatte er Augenblicke der schmerzlichsten Klage, des Verzweifelns an der Frucht seiner Mühe.

Wie er solchergestalt für seine Gemeinde und in großer Absicht für die Stadt und das Reich Gottes kämpfte und litt, erscheint diese stellvertretende Tätigkeit als eine gewaltige Leistung. Aber dabei sahen die Genossen den an sich zaghaften unberedten Mann merkwürdig wachsen, auch herber und härter werden und immer wirksamer seine Aufgabe meistern. Er gab, vielfach eigenartig schöpferisch, der Basler Kirche die Gestalt und die Lehre. Daß er unmittelbaren und intensiven Einfluß auf die Haltung des Rates hatte, ist nicht zu erkennen; seine Art war eher, durch Einwirkung auf das Volk sich das Mittel zu schaffen, durch das er Basel für das Neue gewann.


Schon im alten reichen Kirchenleben unsrer Stadt hatten eigenwillig und außerkirchlich Fromme verschiedener Art Platz gefunden. Basel war zu allen Zeiten eine gute Stätte für Separatisten, und der zentral gelegene, international disponierte Ort ward immer gerne von Vertriebenen aufgesucht. Wie durch die Jahrhunderte hin vom heimatlosen Volke der Fahrenden, so jetzt von den um ihres Bekenntnisses willen Fliehenden und Wandernden.

Wir haben Solche kennen gelernt: Denk Karlstadt Münzer u. A. Aus Anregungen, die sie hier hinterließen; aus Flugschriften; aus eigenen Gedanken Einzelner, die in der Stille außerhalb der Welt leben und die Form dieses Lebens auf nichts Anderes als die Bibel, das einfache Wort Gottes gründen wollten; — konnte die Sekte erwachsen, die um die Mitte des Jahres 1525 hier bemerkbar wurde, in einer Zeit, da noch in Allem die Erschütterungen des großen Bauernaufstandes bebten. Wir dürfen an

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 477. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/498&oldid=- (Version vom 1.8.2018)