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Ratens wuchs ihre Zahl bis zu Fünfhundert. In der großen Zunftstube, auf Treppe und Vorplätzen standen dichtgedrängt die erregten Männer. Die Eingabe wurde ihnen vorgelesen. Sie war ausführlich, voll Kraft und Empfindung, die alleinige Berechtigung der neuen Lehre vertretend; was schon vor Monaten durch die Zunftmeister vor den Rat gebracht worden, sei damals unwirksam geblieben, daher das Volk selbst sich jetzt versammelt habe und persönlich sich wolle sehen lassen; es verlange Beseitigung aller Predikanten, „die dem Evangelium Christi mit päpstlicher Lehr zuwider“, bis zu ihrer Verständigung mit den evangelischen Predigern, sowie Abschaffung der Messe bis zu deren Rechtfertigung durch die Meßpriester.

Diese Eingabe wurde sofort dem Rate gesandt. Zur gleichen Nachtstunde noch gaben die Zünfte selbst, in überwiegender Mehrzahl, von fünfzehn Zünften die zwölf Schlüssel Hausgenossen Weinleute Safran Rebleute Schuhmacher und Gerber Schneider und Kürschner Gartner Metzger Zimmerleute und Maurer Scherer Maler und Sattler Weber, ihren Namen zum Vorgehen der zu Gartnern versammelten Angehörigen und erließen gemeinsam ein Schreiben an den Rat zu Bern mit der Bitte, durch eine Gesandtschaft ihnen beizustehen. Im gleichen Sinne schrieb Ökolampad, durch die Versammlung beauftragt, zu Händen des Zürcher Rates an Zwingli, den er schon acht Tage vorher hierauf vorbereitet hatte.

Den so entschlossen auftretenden Neuerern gegenüber wollte die altkirchliche Partei nicht ruhig bleiben. Auch sie versammelte sich. Allen voran die im St. Peterskirchspiel und die an der Spalen Wohnenden, die Kleinbasler in Harnisch und Waffen.

Mitten inne stand der Rat. Nachdem Bürgermeister Meltinger die Eingabe der Evangelischen anzunehmen sich geweigert, brachten Adelberg und Jacob Meyer sie vor den Rat; zur Vertretung vor dieser Behörde bestellte die Gemeinde zu Gartnern einen Dreißigerausschuß.

In der allerheiligsten Nacht brennen auf den Kandelabern beim Hochaltare des Münsterchores die Kerzen, und der hebdomadarius stimmt mit den assisii zusammen die Antiphonien an. Aus der Sakristei wird das alte kostbare Rauchfaß gebracht; auf und nieder über die Stufen im hohen Chore bewegen sich Subkustos und Hebdomadar, reichen das Rauchfaß, entzünden den Weihrauch, umschreiten räuchend das Heiligtum des Altars. Dazu erschallt in vollem Chorgesange der Hymnus: Komm o du Erlöser der Völker! die Orgel braust, die Krippe glänzt von Lichtern. Und so geht es fort bis zu den Matutinen, bis zur Feier der drei Messen, die

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 503. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/524&oldid=- (Version vom 1.8.2018)