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in vielen Haufen; den einen sah man durch Junker Balthasar Hiltprant geführt, einen andern durch den Henker Jacob; es ging zu wie in einer Feldschlacht, überall war Krachen und Tosen unter den hohen Gewölben. Wie viel Überzeugung war dabei am Werke? wie viel rohe Lust des Schädigens und Vernichtens? Nach einer Stunde war Alles getan. Wir haben nicht stehen zu bleiben vor dem dieser Stunde folgenden Bilde der Leere und Vernichtung, aber daran zu denken, daß das Verwüsten der unbeschützten alten Heiligtümer eine erste Kraftäußerung der neuen Kirche gewesen ist.

Weder der Parteiausschuß noch der Rat, die den Zerstörern ihre Boten sandten, hatten sie zurückhalten können. Nur davon waren sie jetzt abzubringen, sofort auch in Kleinbasel die Bilder zu zerschlagen. Wohl aber mehr als die Mahnungen der Behörde wirkten hiebei die durch Kleinbasel auf der Brücke schußbereit aufgeführten Geschütze.

Noch immer saß der Rat. Es war schon der zweite dieser mühevollen und endlosen Sitzungstage und noch kein Ende. Die Zwölfe hatten sich geopfert; die Besetzung der frei gewordenen Pfarreien mit Evangelischen war zugestanden; aber auch das Dritte zuzugestehen, die Änderung der Zunft- und Ratswahlordnung, sträubte sich die Behörde. Aber hatte sie heute noch eine Macht, war sie noch frei? Sie sah sich dem Terror der Menge gegenüber. Noch als Letztes suchte sie Hilfe bei den Vermittlern, die sich vor Monatsfrist tätig erwiesen, und sandte Eilboten nach Zürich und Bern. Aber für heute kam jede Hilfe zu spät; müde wünschten Viele Schluß zu machen. Den vom Bildersturme zurückkehrenden, erhitzten und gewalttätigen Rotten war Alles zuzutrauen. Schon tönte es vom Markte herauf: „nun die Götzen zerschlagen seien, wollten sie nicht länger warten, sondern sich selbst den Bescheid im Ratssaale holen“, und: „Jahre lang habt Ihr beraten und nichts erzielt, wir werden in einer Stunde Alles vollbringen!“ Der Ausschuß begütigte die Unwilligen und bat um eine letzte Stunde Geduld. Aber zuletzt fand man sich und ergab man sich. Der Rat war vom Volk „übermeistert“; unter diesem Zwang und durch das Nachgeben sowie den Frontwechsel einzelner Mitglieder oder Gruppen kamen drei Beschlüsse zu Stande, wie das Volk sie begehrte, am Abend des 9. Februar:

daß die Zwölfe, deren Entfernung verlangt worden war, vom Rat ausgeschlossen sein sollten;
daß die infolge der Enthaltung der Altkirchlichen leer stehenden Predikaturen mit Predigern besetzt werden sollten, die obrigkeitlichen Mandaten gemäß das Wort Gottes verkünden;

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 514. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/535&oldid=- (Version vom 1.8.2018)