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daß künftig die Wahl der Zunftmeister und Sechser den Zunftgemeinden, die Wahl des Rates der Sechserversammlung, dem Großen Rate, zustehen sollte.

Jetzt konnte der Rat aufstehen, der Ausschuß aber die Gemeinde in den Ring rufen und ihr diese Beschlüsse mitteilen. Das Volk war befriedigt; es konnte denken, sein Ziel erreicht zu haben. Die Menge löste sich auf. Jeder konnte nach Hause gehen und ausschlafen.

Doch noch blieb Arbeit die Menge. Zuviel des Alten und Großen war ungestüm beseitigt und an seiner Statt kein geordnetes Neues gesetzt. Nur im Allgemeinen waren Absichten anerkannt und Prinzipien ausgesprochen, aber noch Nichts ausgeführt und gestaltet. Was seit Jahrhunderten und bis gestern große geheiligte Form, was Ziel tiefster Andacht, was Ehrfurcht vor Regenten gewesen war, was als unantastbares Gehäuse politischen Lebens und dienlichste Verteilung von Gewalt und Macht gegolten hatte, war an dieser „aufrührerischen Fastnacht“ zu Grunde gegangen, und Mancher mochte die Trümmer heut in dumpfer Aschermittwochstimmung betrachten.

Er konnte auch diese neueste Ordnung vergleichen mit dem mühsam erkämpften Abkommen vom 5. Januar. Deutlich zeigte sich dabei, welch mächtige Weite, welch neuen Inhalt über jene nur dem Kirchlichen geltenden Begehren und Festsetzungen hinaus die Bewegung gewonnen hatte. Sie war zur Revolution geworden, das Staatswesen als solches im Innersten seines Wesens berührt.

Zunächst aber breiteten sich vor Aller Augen und durch die ganze große Stadt hin die widerlichsten aller Trümmer, diejenigen des Bildersturmes. „Die Kirche lag voll Bilder, einem war der Kopf ab, dem andern eine Hand usw.“. So im Münster und so überall in den Kirchen Kreuzgängen Portiken Klöstern Kapellen Sakristeien Krypten u. dgl. Großbasels. Es war ein grauenhafter Anblick. Zerstückt und verdorben und vernichtet die Gemälde, die Tafeln, die Statuen von Stein und Holz, die farbenbunten und funkelnden Zierden aller Art, die zauberische Pracht der Glasbilder, dabei in wüsten Haufen Steine und Schutt zertrümmerter Altäre. Geschändet und vertrieben war „das Hausgesinde des alten Himmels“.

Der ernste Gegner der „Abgötterei“, der Ordnungsliebende, der Gebildete, aber auch der Reuige, der durch solche Zerstörung Erschütterte und Empörte — sie Alle mußten wünschen, daß der Greuel ihnen aus den Augen komme. Die Behörde versuchte es zuerst mit der Preisgabe der Heiligentrümmer an die Armut. Aber die Folge war, daß die Armen sich um Stücke und Splitter zankten, ja schlugen und verwundeten. Da hieß man das sämtliche Holzwerk durch Feuer verzehren. An diesem Aschermittwoche noch,

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 515. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/536&oldid=- (Version vom 1.8.2018)