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Durch die Amnestie wurden Alle, die von den Revolutionstagen her ein schlechtes Gewissen hatten, beschwichtigt und für den Rat gewonnen. Auch daß die Zünfte hatten Zuboten wählen können und Diese nun mit den Räten zusammen handeln sollten, erschien als großer Gewinn, sowie als Schutzwehr gegen alle denkbare Willkür. Auch mochten Viele jetzt, da Ernüchterung und Alltagsstimmung wieder zu ihrem Rechte kamen, froh sein, Ruhe zu haben, in keine tagelangen Versammlungen gehen und Revolution machen zu müssen. Man hatte seinen Willen gezeigt, man war seinen Führern gefolgt, man konnte jetzt wieder Alles dem Rat überlassen, der ja von den argen Tyrannen gesäubert war.

Dies waren die Gedanken des gewöhnlichen Zünftlers; sie bewirkten, daß der vom Rat verlangte Eid des Gehorsams und Vertrauens überall durchging und geleistet wurde.

Der Rat konnte zufrieden sein; im alten Widerstreite von Obrigkeit und Volk war der Sieg des Letztern über Jene nur eine kurze Episode gewesen; er hatte seine Autorität wieder befestigt. Auch die Untertanen in den Landämtern mußten ihm schwören. Vom Nimbus göttlicher Kraft und Gnade umgeben, „ein ersamer christlicher rat“, hielt er das öffentliche Wesen wieder in der Hand.

Am 15. Februar versammelten sich der Kleine und der Große Rat samt Zuboten und wählten eine Verfassungskommission von Zwanzigen, halb aus dem Kleinen, halb aus dem Großen Rate genommen. Diese Kommission arbeitete rasch.

Schon am 18. Februar konnte das durch sie entworfene Verfassungsgesetz beraten und erlassen werden. Es war dies die „Pollicy“ über Wahl der Häupter und Besetzung des Rates; sie bestimmte Folgendes:

1. Ausschüsse der Zünfte (je vier Sechser) und der Kleinbasler Gesellschaften (je zwei Meister) wählen jährlich mit dem alten und dem neuen Rate zusammen zuerst die beiden neuen Häupter, dann den neuen Rat.

2. Diese Gewählten werden öffentlich auf dem Petersplatze der Gemeinde kundgetan.

3. Am Nachmittage nach dieser Verkündung geschehen die Wahlen in den Zünften: drei Zunfthäupter (nach Ausschluß des alten Meisters), zehn Sechser und vier von der Gemeinde Ausgeschossene wählen den neuen Meister, worauf die vier Zunfthäupter, die sämtlichen Sechser und die von der Gemeinde Ausgeschossenen die neuen Sechser wählen.

Voraussetzung der Wählbarkeit ist durchweg, daß der zu Wählende „dem göttlichen Wort anhängig“ und weder Lehnsmann noch Dienstmann noch Pensioner sei.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 522. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/543&oldid=- (Version vom 1.8.2018)