Seite:Wagner Das Judenthum in der Musik 1869.pdf/55

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

so wie der Einfluß, welchen die Juden auf unser geistiges Leben gewonnen haben, und wie er sich in der Ablenkung und Fälschung unsrer höchsten Culturtendenzen kundgiebt, nicht ein bloßer, etwa nur physiologischer Zufall ist, so muß er auch als unläugbar und entscheidend anerkannt werden. Ob der Verfall unsrer Cultur durch eine gewaltsame Auswerfung des zersetzenden fremden Elementes aufgehalten werden könne, vermag ich nicht zu beurtheilen, weil hierzu Kräfte gehören müßten, deren Vorhandensein mir unbekannt ist. Soll dagegen dieses Element uns in der Weise assimilirt werden, daß es mit uns gemeinschaftlich der höheren Ausbildung unsrer edleren menschlichen Anlagen zureife, so ist es ersichtlich, daß nicht die Verdeckung der Schwierigkeiten dieser Assimilation, sondern nur die offenste Aufdeckung derselben hierzu förderlich sein kann. Sollte von dem, unsrer neuesten Aesthetik nach, so harmlos annehmlichen Gebiete der Musik aus von mir eine ernste Anregung hierzu gegeben worden sein, so würde dies vielleicht meiner Ansicht über die bedeutende Bestimmung der Musik nicht ungünstig erscheinen; und jedenfalls würden Sie, hochverehrte Frau, hierin eine Entschuldigung dafür erkennen dürfen, daß ich Sie so lange von diesem anscheinend so abstrusen Thema unterhielt.

Tribschen bei Luzern, Neujahr 1869.
Richard Wagner.

Empfohlene Zitierweise:
Richard Wagner: Das Judenthum in der Musik (1869). J.J. Weber, Leipzig 1869, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wagner_Das_Judenthum_in_der_Musik_1869.pdf/55&oldid=- (Version vom 1.8.2018)