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7. Die Radeberger Bürgerwehr.

Zu denjenigen Städten unseres Vaterlandes, welche allezeit treu zum angestammten Fürstenhause gestanden haben, zählt auch Radeberg an der Westgrenze der sächsischen Lausitz. Bei ausgebrochenen Landesfehden leisteten die Bürger dem Landesherrn vortreffliche Dienste und verhalfen diesem zu manch glorreichem Siege. Aus Dankbarkeit erhob darum der Markgraf Friedrich der Streitbare für ihre treuen Dienste die Stadt Radeberg in aller Form an der Mittwoch nach Lätare des Jahres 1400 zu einem Weichbilde und zur Festung.

Er verlieh den Bürgern ansehnliche Stadtgerechtigkeiten. Dazu gestattete der Markgraf den Bürgern, die Stadt mit Mauern, Gräben und Toren zu versehen, darin zu kaufen und zu verkaufen, Handel und Wandel zu treiben, und zu üben, zu brauen und zu backen, Wein, Meth und Bier auszuschenken, Handwerke und Innungen zu haben, und freien Salzschank im Umkreise einer Stunde zu besitzen. – Die Stadt machte natürlich von dieser landesherrlichen Gnade auch den bestmöglichen Gebrauch. Sie erhielt eine starke Umfassungsmauer und einen breiten Graben. Reste davon sind bei der Stadtkirche und dem früheren Obertore bis heute erhalten geblieben. –

Nach dem Jahre 1400 wurde Radeberg eine gar stattliche Festung, versehen mit Mauern, Gräben, Brücken und Türmen. Dazu waren die Bürger in den Waffen von Jugend auf geübt. Militärische Übungen wurden fast täglich abgehalten, und alsbald entstand die sogenannte Bürgerwehr, eine militärische Vereinigung der Bürger. Jeder junge Bürger und Meister ward in damaliger Zeit angehalten, eine Hellebarde in die Rüstkammer des Rathauses zu liefern. Bei etwaigen Kriegsunruhen wurden den wehrhaften Bürgern aus dieser Rüstkammer die Waffen geliefert. Ein verpflichteter Rüstmeister oder Harnischmeister hatte die Aufsicht über die Rüstkammer, in der alle Waffengattungen aufbewahrt wurden. Gewöhnlich verwaltete der Rüstmeister, einer der angesehensten Bürger der Stadt, gleichzeitig das Amt eines Armbrustmachers, Werk- und Zeugmeisters.

Jeder Hauseigentümer war verpflichtet, eine völlige Bürgerrüstung in tauglichem Zustande zu halten. Diese Rüstung der Bürgerwehr bestand aus einer eisernen Sturmhaube, aus einem Brustharnisch, aus Arm- und Beinschienen, dazu aus den üblichen Waffen: Streitaxt, Streitkolben, Spieß, Flamberg, Armbrust. Diese genannten Ausrüstungsgegenstände bildeten das Heergeräte. Dasselbe erbte der jedesmalige Eigentümer des Hauses oder der nächste „Schwertmagen“, d. h. der nächste Anverwandte männlicher Linie. In späteren Zeiten wurde das Heergeräte unter die Söhne des Erblassers durch das Los verteilt.

Jede Abteilung der Bürgerwehr besaß ein eigenes Panier und wurde von einem Ratsherrn befehligt. Zu wiederholten Malen hat sich die Radeberger

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 026. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_026.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)