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anderen, die Berggewässer erst verlaufen zu lassen, weil diese vielleicht mit arsenikhaltigen Stoffen gemischt sein könnten, was dann Blutvergiftung zur Folge haben dürfte. Doch Seidel, zu begierig auf die zu hoffenden Entdeckungen, ließ sich nicht abhalten, sogleich in das geheimnisvolle Berginnere einzudringen. Er entkleidete sich und stieg mit männlicher Entschlossenheit in den Stollen. Seine Gefährten, um den kühnen Wagehals besorgt, folgten seinem Beispiele. Was der besorgte Bergsteiger Klemm befürchtet hatte, trat glücklicherweise nicht ein. Das frische Bergwasser brachte den Wunden Seidel’s vielmehr eine auffallende Linderung. Es wurden nun an den nächstfolgenden Tagen die Reinigung und Untersuchung des Stollens fortgesetzt. Mit Staunen sahen die kühnen Forscher ihre Wunden heilen. Die wohltätige Einwirkung der unbekannten Quellen war nicht zu verkennen. So hatte Seidel statt der erhofften Goldquelle eine Heilquelle entdeckt. Sofort regte sich in ihm der Gedanke, hier ein „Gesundbad“ anzulegen. Schon im Jahre 1719 führte er diesen Gedanken auch aus. Dazu legte Seidel in aller Stille eine eigene unterirdische Erwärmungsanstalt nach Glaubers Methode an. Maschinen beförderten das siedende Wasser zu Tage, so daß es von selbst warm hervorzuquellen schien, und dieser unschuldige Betrug war der Hauptmagnet, welcher von allen Orten und Enden viele Menschen anzog. Die unwissenden Leute staunten über die wundervollen Erscheinungen! Allerlei Kranke strömten herbei und suchten Heilung oder wenigstens Linderung ihrer Schmerzen, die sie dann auch fanden. Auch nach der nahen Residenz wurden viele Tausende Eimer des entdeckten Mineralwassers verschickt, und selbst der Kurfürst August der Starke bediente sich desselben zum Baden und Trinken. Der Entdecker der Heilquellen im Tannengrunde bei Radeberg nannte das errichtete Gesundbad nach dem Namen seines hohen Gönners, des Kurfürsten August II., Augustusbad, welchen Namen die Gesundquellen heute noch führen.

Weitere Heilquellen entdeckte hier im Tannengrunde im Jahre 1768 ein Bergknappe mit Namen Häcker, dann 1790 und 1803 der damalige Badeinspektor Winkler. Diese Heilquellen haben sich seit ihrer Entdeckung bis zur Gegenwart voll und ganz bewährt.


14. Der Lampertswald.

Östlich von Augustusbad, nur durch die Landstraße getrennt, welche Radeberg mit Wachau und Seifersdorf verbindet, breitet sich ein umfangreiches Waldgebiet aus. Dasselbe erstreckt sich östlich bis an die Pulsnitzer Straße, nördlich bis Leppersdorf und südlich fast bis an das Vorwerk Friedrichsthal. –

Der Lampertswald steigt von Westen sanft nach Osten an und findet im Spitzberge, der 300 Meter über dem Spiegel der Ostsee liegt, seine höchste Erhebung. Von dort aus schweift das Auge über ein landschaftlich reizendes Bild. Am südlichen Fuße des Spitzberges breitet sich das idyllisch gelegene Vorwerk Friedrichsthal aus. Nach Süden hin überblickt man in seiner ganzen Ausdehnung die gewerbfleißige Stadt Radeberg. Nach dieser Richtung zu schweift das Auge bis an die Höhen bei Pillnitz. Man überblickt die Hochebene von Schönfeld, die ihren Abschluß im Porsberge bei Pillnitz findet. Aus dem Hintergrunde dieser Hochebene grüßen die Höhen des östlichen Erzgebirges herüber. Nach Westen zu schweift das Auge über die Langebrücker Heide, nach Norden hin wird die Aussicht durch den aufragenden Wald gehemmt. Doch überblickt man nach Nordosten und Osten hin einen großen Teil der westlichen

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 041. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_041.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)