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Pferde aus der Schmiedefelder Posthalterei in dem „Sächsischen Reiter“ bei Thumitz-Demitz und vier Pferde in Weißig bei Dresden eingestellt. Schmiedefeld vermittelte hauptsächlich den Verkehr zwischen Breslau und Leipzig. Es verkehrten sogenannte Eilwagen und Stellwagen. Jeder Eilwagen faßte 12–14 Personen und hatte oftmals bis 12 Beiwagen, von denen ein jeder auch wieder bis 10 Personen Platz bot. Die sogenannten Beiwagen gingen auf „Extrarechnung“ und brachten dem Postmeister eine bedeutende Nebeneinnahme. Die Zahl der Reisenden betrug an einem einzigen Tage oftmals Hunderte.

Der Besitzer des Postgutes zu Schmiedefeld führte den Titel „Postmeister“ und erhielt vom Staate eine monatliche Entschädigung von 1000 Talern. Er war ein hochangesehener Mann, und man kannte ihn weit über Sachsens Grenzen hinaus.

Die ehemalige Poststraße, welche durch das Dorf geht und am Erbgerichte und Postgute vorüberführt, biegt am westlichen Fuße des Kapellenberges von der Bautzener Landstraße ab und vereinigt sich mit dieser erst wieder kurz hinter dem „Fuchs“.

Wenn die Post nach dem Dorfe einbog, dann blies der Postillon gewöhnlich ein lustiges Lied. Sowie man im Dorfe das Posthorn vernahm, entstand Leben unter den Dorfbewohnern. Neugierig traten die Leute heraus auf die Straße, oder sie lugten durch die geöffneten Fenster, um die Fahrgäste, die oft weither kamen, anzusehen. Andere eilten alsbald nach der Posthalterei, um hier einen Auftrag zu erhalten und sich behilflich zu zeigen. Die meisten Fahrgäste wanderten alsbald nach dem nahen Gasthause zum „Fuchs“ an der Bautzener Landstraße oder auch nach dem „Erbgericht“ an der Kirche. Hier im Erbgerichte fanden zu jener Zeit wiederholt berühmte Konzerte statt, die aus weitester Umgegend gern besucht wurden. Am Giebel des Herrenhauses befand sich damals ein Erker, auf dem sehr gern die Gäste zu Sommerszeit Platz nahmen und die Blicke über das Dorf nach dem idyllischen Wesenitztale schweifen ließen.

Reges Leben und Treiben herrschte in jenen Jahren aber auf dem „Fuchs“. Hier rasteten vor allen Dingen die Fuhrleute, welche Personen und allerlei Güter auf ihren ziemlich schwerfälligen Wagen beförderten. Oftmals blieben hier in einer Nacht so viele Leute, daß die Räume nicht ausreichten, alle unterzubringen. Kaum vermochten auch die Ställe alle Pferde zu fassen. Die Wagen füllten den Hof und bildeten auf der Bautzener Landstraße fast endlose Reihen. Schon nachmittags von 3 Uhr an trafen die Fuhrleute mit ihren Geschirren und Gästen ein. Ununterbrochen ging das nunmehr fort bis zum Anbruch der Nacht. Die spät eintreffenden Gäste mußten aber darauf gefaßt sein, weiterreisen zu müssen. Bald waren die beiden geräumigen Gaststuben von Gästen und Fuhrleuten dicht besetzt. Die Fuhrleute nahmen Platz in der jetzigen Gaststube, die Reisenden in der dieser gegenüberliegenden. Das Abschirren der Pferde, das Ordnen der Wagen war Sache der Hausknechte oder Schirrmeister. Drei Personen waren als solche tätig, und selbige mußten gewissenhafte und pflichttreue Leute sein. Ihre Einnahme war keine geringe, und mancher Hausknecht hat sich hier ein Vermögen erworben. –

Sobald die Fuhrleute, die eine große Rolle spielten und ihre besondere Fuhrmannstracht trugen, im Hofe ankamen, knallten sie einige Male tüchtig mit der Peitsche; ein Hausknecht sprang alsbald herzu und erhielt vom Fuhrmann die Zügel der Pferde zugeworfen. Darauf schritt der Fuhrmann nach der bezeichneten Gaststube, gesellte sich zu seinesgleichen und erhielt bald darauf

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_169.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)