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für die Schilderungen aus dem deutschen Städteleben einen Grund und Boden, auf dem seine Apperzeptionstätigkeit leicht und sicher sich bewegen kann. Machen wir endlich den Zögling vertraut mit dem Ursprunge und der Bedeutung gewisser volkstümlichen Feste der Heimat, suchen wir die Spuren großer Kriege, wie sie ja leider fast in jedem Gau unseres Vaterlandes zu finden sind, etwa eine alte Schwedenschanze, eine Wüstenei oder wüste Mark aus der Zeit des Hussitenkrieges, des 30jährigen oder des 7jährigen Krieges, ein Franzosenkreuz und einen Schwedenstein an der Landstraße, einen Denkstein mitten im Felde oder auch in der Kirche, eine Erinnerungstafel oder eine Friedenseiche aus der jüngsten Zeit auf, so wird es uns auch für die neue und neueste Geschichte an analytischem Unterrichtsstoffe nicht fehlen. Natürlich fließt der Quell desselben nicht in allen Landschaften gleich stark, hier reicher, dort spärlicher. Aber so arm ist ganz gewiß keine Gegend an historischen Zeugnissen, so völlig neu und von heute keine Heimat, daß sie der Anschauung und Beobachtung des Kindes gar nichts darböte, daß der Geschichtsunterricht nicht in den meisten Fällen von ihr ausgehen könnte.“

Bei dieser Bedeutung des heimatkundlichen Unterrichtes ist natürlich vom Lehrer zu fordern, daß er ein fleißiger Forscher seiner jeweiligen Heimat sei, daß er in seinem Wirkungsorte nicht ein sogenanntes Eintagsleben führe. Er muß in ihm Wurzel schlagen. Vor allen Dingen muß der Lehrer in geschichtlicher Beziehung die Heimat durchforschen. Darum gilt es, die Sagen, Sitten und Gebräuche einer Gegend kennen zu lernen, die Ortschroniken zu studieren, die Berichte alter, glaubwürdiger Leute zu notieren, mit dem Volke zu verkehren. Die heimatliche Flur muß dem Lehrer gleichsam ein Buch sein, von dem er ganz genau weiß, was auf der einzelnen Seite steht. – So wird er dann den heimatkundlichen Unterricht fruchtbringend für den Gesamtunterricht gestalten. Wer es getan hat, den heimatkundlichen Unterricht bis in das letzte Schuljahr, ja bis in das letzte Fortbildungsschuljahr mit einzuflechten, der wird es auch erlebt haben, wie bei solchen Gelegenheiten die Kinder so aufmerksam zu Füßen des Lehrers sitzen, daß man das Niederfallen eines Blattes vernehmen könnte. Die Augen der Kleinen leuchten dann wie Sonnenschein, und mit Lebendigkeit wissen sie noch lange von jener Unterrichtsstunde zu berichten. Solche Unterrichtsstunden klingen im Schüler noch nach, wenn er längst zum Manne herangereift ist.

Aber nicht nur der Schule will vorliegendes Buch eine Gabe sein, sondern auch dem Hause, der Familie. Wie es dem Lehrer für den heimatkundlichen Unterricht willkommenen und brauchbaren Stoff an die Hand gibt, so auch den Eltern, die vielleicht am Sonntage Nachmittag oder auch zur Ferienzeit mit ihren Kindern zur Erholung hinaus in Gottes schöne Natur, durch die gesegneten Fluren mit ihren fruchttragenden Feldern und grünen Wiesen, durch die rauschenden Wälder, hinein in die lieblichen Täler mit ihren

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 005. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_005.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)