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11. Ein Schreckenstag in der Geschichte der Stadt Radeberg.

Ein ewig denkwürdiger Tag in der Geschichte der Stadt Radeberg an der vereinigten Röder ist und bleibt der 13. Juli. An diesem Tage brach einst ein furchtbares Unglück über diese Stadt herein. Ein gewaltiger Brand suchte am 13. Juli 1714 Radeberg heim. Die ganze Stadt wurde damals ein Raub der Flammen, nur die einzelstehende Pastoratswohnung, das Pirnaische Torhaus, vier daranstoßende kleine Häuser, dazu zum Teil die Pirnaer und Dresdner Vorstadt blieben von dem verheerenden Elemente verschont. –

Der 13. Juli war in jener Zeit der 2. Landesbußtag. Im Vormittagsgottesdienste hatte der Oberpfarrer D. Siegismund Richter eine gar ernste Bußpredigt gehalten und den zahlreichen Zuhörern scharf und eindringlich ins Gewissen geredet. Er verglich die Stadt Radeberg mit Sodom und Gomorrha und schloß seine Predigt mit den Worten:

„Ihr werdet es erfahren, Gott wird noch mit Donner und Blitz dareinschlagen. Amen!“ –

Diese letzten Worte seiner Predigt sprach er mit kräftiger Stimme und begleitete sie mit einem gewaltigen Schlage auf den Rand der Kanzel. Auf alle Zuhörer hatte diese ernste Bußpredigt einen tiefen Eindruck gemacht, und sie bildete nach dem Gottesdienste das Tagesgespräch der Bewohner. Zum größten Schrecken derselben sollten die Worte des Bußtagspredigers schon nach wenigen Stunden in Erfüllung gehen. Abends gegen 8 Uhr zogen drohende Wetterwolken über der Stadt sich zusammen. Es wurde finstere Nacht. Blitze flammten auf und durchzuckten die Finsternis. Grollend rollte der Donner. Die Bewohner ahnten Schlimmes, dazu war ihnen die ernste Bußtagspredigt noch zu frisch im Gedächtnis. Kurz nach 8 Uhr folgten Blitz auf Blitz und Schlag auf Schlag. Gleichzeitig schlug es dreimal an verschiedenen Stellen der Stadt ein und zwar in das Rathaus, in ein Gebäude am Pirnaischen Tore und in ein solches am Markte. Der Blitz hatte gezündet. In wenigen Stunden stand die ganze Stadt in Flammen, da die Wohnhäuser in jener Zeit zumeist aus Holz aufgeführt waren. Zusammen wurden 108 Wohnhäuser, 15 Scheunen und viele Viehställe, die Malz- und Brauhäuser, die Gebäude am Schloßtore, am Ober- und am Dresdner Tore, die Schule, die Wohnungen des Archidiaconus und des Diaconus, dazu die Stadtkirche, welche kurz vorher einen ganz neuen Turm erhalten hatte und auf dem vier schöne und wohlklingende Glocken hingen, ein Raub der Flammen. Die Glut war eine so furchtbare, daß fast niemand dem Feuerherde sich nähern konnte,

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 034. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_034.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)