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In früheren Jahrhunderten legte man in wässerigen Niederungen, um von denselben nach den damaligen Verhältnissen den bestmöglichen Ertrag zu erzielen, Teiche an. Es bestand zu jener Zeit manches tiefliegende Bauern- und Rittergut zum größten Teile aus Teichen. Auch die Bischöfe drangen in ihren Besitzungen auf Anlegung von Teichen und ließen auch auf eigene Kosten Teiche bauen; denn man bedurfte in den Fastenzeiten der Fische. Darum bildete die Fischzucht in jener Zeit einen bedeutenden Erwerbszweig der Grundbesitzer, dazu gewährten die Teichbauten und Ausbesserungen der Teiche vielen Bewohnern des Landes Arbeit und Unterhalt.

Der Lange Teich war noch im Anfange des 19. Jahrhunderts über 100 Acker oder 50 ha groß, ist früher aber bedeutend größer gewesen. In seiner Mitte befand sich eine größere, bewaldete Insel, zu der man auf Kähnen gelangte. Auf dieser Insel wurden in früheren Zeiten allerhand Vergnügungen und Belustigungen abgehalten.

Unter den vielen Teichen, welche einst zu dem Rittergute Kleinwolmsdorf gehörten, war der Lange Teich der vorzüglichste. In ihm gediehen die Fische am besten. Der Teich stand unter Aufsicht und Verwaltung eines kurfürstlichen Fischmeisters, der in Kleinwolmsdorf seinen Sitz hatte. Aller zwei Jahre wurde der Lange Teich gefischt. Viele Wochen vorher schon ward er gezogen und bedurfte sorgfältigster Überwachung während dieser Zeit. Das Fischen selbst nahm mehrere Tage Zeit in Anspruch und lockte aus der weitesten Umgegend Hunderte, ja Tausende von Zuschauern herbei. Gegen 300 Fischer waren auf dem entwässerten Teichbette tätig, um die Fische zu sammeln. An den Ufern herrschte reges Leben. Hier wimmelte es geradezu von Zuschauern. Wagen waren in langen Reihen aufgefahren, um die Fische nach ihrem Bestimmungsorte zu bringen. Diese Wagen, welche den Transport der Fische zu besorgen hatten, mußten die Lehngerichtsgüter des Radeberger Amtes stellen. In der Teichschenke, welche am Damme stand, und in der gewöhnlich auch der Fischmeister wohnte, war an solchen Tagen kein Platz zu haben, so groß war das Gedränge. Hier wurden auch damals die berühmten und weithin bekannten Fischfeste gefeiert, zu denen aus stundenweiter Entfernung die Leute herbeiströmten, um des Teichwirtes Braunbier und Fische zu kosten. Da herrschte hellster Jubel viele Tage hindurch für jung und alt. Wer es ermöglichen konnte, der stellte sich ein. Im Freien mußten freilich die meisten Gäste lagern. Sie waren dann oft noch froh, ein passendes Plätzchen gefunden zu haben. Zelte und Buden waren auf den angrenzenden Wiesen aufgeschlagen, um den vielen Festteilnehmern notdürftigen Unterschlupf zu gewähren. Bei solchen Fischfesten erschien oftmals auch der Landesfürst, der dann im Rittergute Kleinwolmsdorf mehrere Tage Quartier nahm und vom sogenannten „Küchenmeister“, dem kurfürstlichen Verwalter des Rittergutes, bewirtet werden mußte. Gewöhnlich wurden dann auch große Jagden in den umliegenden Forsten abgehalten und gleichzeitig berühmte Jagdfeste gefeiert. Das waren dann Tage, an welchen lebhaftes Treiben im Rittergute herrschte. Das letzte Fischfest wurde im Jahre 1814 abgehalten.

In dem Langen Teiche gab es außer allerhand Fischen auch viele Fischottern, die jedes Jahr zu einer gewissen Zeit gefangen wurden. Die Leitung der Fischotterjagd war einem bestimmten Manne übergeben, den man den Fischotterjäger nannte. Zu dieser Jagd brauchte der Fischotterjäger viele Leute, sogenannte Hilfsmannschaften, die er aus den umliegenden Dörfern erhalten mußte; selbst das entfernte Großröhrsdorf hatte solche zu stellen, wenn der Fischotterjäger es befahl. Vielfach kaufte man sich von dieser Arbeit mit

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 050. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_050.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)