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Die Geschichte der ehemaligen Begräbniskirche Stolpens ist nicht uninteressant. Wie M. Senff und M. Dinter, zwei frühere Geistliche Stolpens, schreiben, ist mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, daß die alte Hospitalkirche die frühere Kirche des im Hussitenkriege 1429 verwüsteten Städtchens Jockrim gewesen ist. In ihrer Umgebung haben wir höchst wahrscheinlich auch das alte Jockrim zu suchen. An der Stelle der Hospitalkirche hat ursprünglich eine Kapelle gestanden. Dieselbe soll „unter dem Papsttume von einer andächtigen Person gestiftet worden sein“. An diese ehemalige Kapelle erinnert noch heute der sogenannte Kapellgarten unterhalb des Hospitales und Gottesackers. P. Johann Gottlob Dinter von Stolpen schreibt hierüber folgendes:

„Diese Kapelle hat sicherlich bei der Ausbreitung des Christentums allhier dem alten Stolpberge eine Praevalenz [Überlegenheit, Übergewicht] gegeben, welche die Verwandlung dieser Kapelle in eine Kirche notwendig machte, und aus der sich der jetzige Parochialnexus[1] erklären läßt. In der Nähe dieser Kirche müssen auch die ersten Geistlichen gewohnt haben; denn einige Schritte davon befindet sich ein alter Pfarrgarten. Dem Kapellgarten gegenüber liegen alle Pfarrfelder nach Altstadt zu und Grundstücke, die sich in den Tiergarten hineinziehen und sämtlich im Jahre 1569 vom Kurfürsten August zur Einrichtung seines Vorwerks gekauft worden sind.

An gedachter Kirche war ein Hospital, welches ursprünglich noch einige Schritte weiter heraus nach der jetzigen Stadt zu gestanden hat und vom Bischof Dietrich auf’s Neue erbaut worden war; daher hat sie auch den Namen Hospitalkirche erhalten. Dieses Hospitalgebäude zerstörte das Feuer, worauf es an die Dresdner Straße weiter hinaus verlegt wurde, während an seine alte Stelle ein Töpferofen kam. Dort zerstörte es die Zeit, und es wurde wieder so ziemlich an seinen ersten Ort gesetzt. Dieses Hospital wird nach einer Verschreibung von 2 Schock Zinsen im Jahre 1473 ausdrücklich genannt: „Hospital zu Jockrim, vor der Stadt gelegen.“ –

Im Jahre 1534 ließ Bischof Johann VII. von Schleinitz, der den Bischofsstuhl von 1518–1535 einnahm, den Gottesacker anlegen, bez. bedeutend erweitern und weihte diesen am 3. März desselben Jahres. Die alte Begräbniskirche wurde im Jahre 1616 abgebrochen und von Grund auf aus Steinen neuerbaut und zwar durch den damaligen Bürgermeister Nikolaus Cramer. Die Kirche wurde diesmal größer angelegt und erhielt ein freundlicheres Innere. Die Baukosten wurden gedeckt aus Legaten einiger Engländer, an welche von Stolpen aus Leinwandwaren gesandt wurden. Im Jahre 1698 renovierte man zum letzten Male die neuerbaute Hospitalkirche. Sie blieb in diesem Zustande bis zum Jahre 1795.

In der Begräbniskirche wurde am 3. Dezbr. 1722 der damalige Pastor Stolpens, M. Christoph Freyberg, beigesetzt. Er war der Vater des später so berühmten Rektor der Sankt Annenschule zu Dresden, des M. Christian August Freyberg, dem wir so manche wertvolle Nachricht über die Stadt Stolpen verdanken.

Von der ehemaligen Begräbniskirche Stolpens sind in dem Hospitale am Eingange zum Gottesacker noch Reste erhalten bis auf diesen Tag. –


  1. Kirchenverband. Bis zum 31. Dezember 1891 waren Altstadt und Helmsdorf mit Stolpen zu einer Kirchgemeinde verbunden. Der Diakonus zu Stolpen war gleichzeitig Pfarrer von Altstadt und Helmsdorf.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_105.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)