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häufig angebrachte Gold erhebet dieselben so ausnehmend, daß das Auge dadurch besonders ergötzet wird. Am rechten Flügel ist, in der oberen Abteilung, die Verkündigung des Engels Gabriel im Bilde zu sehen mit der Bleischrift: Maria gratia plena, Dominus tecum! (Maria, Gnadenreiche, der Herr sei mit Dir!) In der unteren Abteilung aber findet man die Geburt Christi abgebildet. Darunter stehen die Worte: Partus et integritas discordes tempore longo. – Am linken Flügel befinden sich in der oberen Abteilung die Darstellung Christi im Tempel zu Jerusalem, in der unteren Abteilung aber die Weisen aus dem Morgenlande. Darunter steht folgendes:

Virginis in premio federa hacis habent 1487. –

Die äußerliche Gestalt erhielt dieser Altar zur Zeit des Kurfürsten Vater August. Derselbe war es, der die Reformation in Stolpen einführte. Er ließ auch den Hochaltar der Sankt Barbarakapelle bemalen. Unten am Altare war das letzte Ostermahl des Herrn abgebildet. Am rechten Flügel sah man in der oberen Abteilung die Ausgießung des heiligen Geistes bildlich dargestellt, in der unteren Abteilung erblickte man den Reformator Luther auf der Kanzel und viel Volk um ihn her. Am linken Flügel und dessen oberer Abteilung war die Taufe Jesu im Jordan, in der unteren eine gewisse Taufhandlung abgebildet, wobei der Kurfürst Vater August in hoher Person „zu Gevattern“ gestanden und fand sich die Jahreszahl 1566 mit angemerket.“ Soweit der Bericht des Chronisten.

Zur Erläuterung des oben Gesagten diene folgendes:

Am 22. Juni des Jahres 1566 ließ der Besitzer des Lehngutes zu Altstadt bei Stolpen, Barthel von Tolckwitz, einen Sohn in der Schloßkapelle taufen, der den Namen „August“ erhielt. Dazu hatte Barthel von Tolckwitz folgende fürstliche Personen als hohe Taufzeugen geladen: Den Kurfürsten August zu Sachsen, die Kurfürstin Mutter Anna[WS 1] und den Herzog von Holstein, den Bruder der Kurfürstin.[WS 2] Da nun diese drei genannten fürstlichen Personen bei der erwähnten Taufhandlung selbst anwesend waren und in eigener Person als Taufzeugen auftraten, so suchte man diesen Vorgang durch ein darauf hinweisendes Gemälde zu verewigen. Der Hersteller dieser Gemälde war der kurfürstliche Hofmaler Heinrich Gödigen.

Nach den Berichten des Chronisten zu schließen, muß der Hochaltar der Schloßkapelle zu Stolpen sehr wert- und schmuckvoll gewesen sein. Von ihm sieht man heute nur noch die drei Stufen, welche zu ihm hinaufführten, und auch diese sind schon zum größten Teile mit Rasen überzogen. Wo aber einst jener prachtvolle Hochaltar stand, befindet sich heute ein Rasenhügel.

Nun gab es in der Schloßkapelle aber auch noch den Altar der Sankt Katharina, des Sankt Bartholomäus, des Sankt Andreas, zur heiligen Dreifaltigkeit, des Sankt Laurentius, des „Sankt Crusis primi ministerii und Sankt Crucis secundi ministerii“. Alle diese genannten Altäre besaßen hohe und viele Einnahmen. Ihnen hatten die verschiedensten Personen sehr reiche Stiftungen vermacht.

Die Schloßkapelle zu Stolpen wird vom Chronisten weiter also geschildert:

„Es steht noch heute (1764) mitten in dieser Kirche ein großes, steinernes und sehr künstlich gearbeitetes Crucifix, aus den Zeiten des Papsttumes, woran einer von den eben genannten Altären gestanden hat, und es wird der noch vorhandene steinerne Altartisch jetzt statt eines Taufsteines gebraucht. Damit nun der Gottes- oder vielmehr Mariendienst desto fleißiger in unserer Schloßkirche abgewartet würde, sorgten die Bischöfe auch für ein gutes Einkommen

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Anna von Dänemark (1532–1585), Kurfürstin von Sachsen
  2. Magnus (1540–1583), Herzog von Holstein und Bischof von Ösel-Wiek
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_140.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)