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Name „der Dürre Fuchs“, und diese Bezeichnung führt der Gasthof noch heutigen Tages. – Dieser Name dürfte zu der Annahme führen, daß in frühsten Zeiten hier Füchse keine Seltenheit waren. Man gab damals Orten oder einzelstehenden Gebäuden Namen aus sehr naheliegenden Ursachen. –

„Der Fuchs“, seit Jahrhunderten an einer vielbenützten Heer- und Handelsstraße gelegen, hat alle Wechselfälle der Zeiten durchgemacht, und wenn dieser uralte Gasthof seine Erlebnisse vom Anfang bis zur Gegenwart erzählen könnte, so würden sicherlich ganze Bände gefüllt werden, und wir erhielten einen hochinteressanten Beitrag zur Geschichte unserer Heimat. An ihm vorüber sind alle jene Heeresmassen gezogen, welche je auf sächsischem Boden gestritten haben. In den Kriegszeiten wurden seine Bewohner wiederholt geplündert. Oftmals flüchteten die Bewohner mit den übrigen des Ortes in die umliegenden Wälder und ließen die Feinde schalten und walten, wie diese wollten. Wiederholt mußten die Gebäude aus den Trümmern wieder aufgebaut werden.

Interessante Einzelheiten knüpfen sich an den „Fuchs“ besonders während der Freiheitskriege. Hier im „Fuchs“ nahm Napoleon wiederholt Quartier, und noch heute zeigt man jenes Zimmer, in dem er einst wohnte. Bis vor einigen Jahren war noch eine Fensterscheibe vorhanden, in die Napoleon seinen Namenszug mit einem Diamanten gekritzelt hatte. Diese Fensterscheibe ist aber zerbrochen worden und leider verloren gegangen. Auch der Kaiser Alexander von Rußland hat dreimal Quartier im „Fuchs“ genommen. Der damaligen Wirtin, die eine sehr schöne Frau war, soll er bei seinem Abschiede eine Backmulde voller Dukaten geschenkt haben. –

Zum ersten Male nahm Napoleon am 17. Juli 1807 im „Fuchs“ Quartier. Damals eilten Tausende von Menschen aus der weitesten Umgebung hierher, um Napoleon zu sehen, der einen so großen Druck auf Sachsen in jener Zeit ausübte. –

Im Jahre 1813 sah der „Fuchs“ auch die Trümmer von Napoleons Heere, das dieser nach Rußland geführt hatte. Einige Monate vorher, im Winter 1812, war Napoleon selbst als Flüchtling durch Schmiedefeld geeilt. Hier hatte er einige Stunden Aufenthalt genommen und zwar in der alten Posthalterei, um die Pferde vor seinem Schlitten auswechseln zu lassen. Die ersten Trümmer seines stolzen Heeres kamen im Februar 1813 auf dem „Fuchse“ an, aber in einem Zustande, der auch den Gefühllosen zum Mitleide bewegen mußte. In Transporten von 50 bis 80 Wagen wurden die Kranken, Verwundeten, Sterbenden in naßkalter Witterung Tage und Wochen hindurch von Polen hergefahren, doch waren sie ohne Pflege und Lebensmittel. Vor Regen, Schnee und Wind fanden sie in den offenen Wagen keinen Schutz und erstarrten förmlich vor Kälte. Da spielten sich hier gar jammervolle Scenen ab. Diejenigen Soldaten, die noch gesund waren, kamen am Stocke als wandelnde Leichen dahergeschwankt, halb verhungert, dazu waren die Kleider ganz und gar abgerissen. Auf den Knieen flehten die heimkehrenden Krieger Napoleons die Bewohner des „Fuchses“ und des nahen Dorfes um einen Bissen Brot und küßten ihn dann, bevor sie denselben zum Munde führten. Trockene Kartoffeln waren den Soldaten ein Leckerbissen, freilich ein halbes Jahr früher hatten die nach Rußland ziehenden Krieger andere Ansprüche gemacht. Damals war es auf dem „Fuchse“ vorgekommen, daß die Franzosen Brote aushöhlten, mit ihrem Kote verunreinigten und dann im Hofe umherrollten. Jetzt wären sie froh gewesen, wenn sie hätten Brot empfangen können.

Im März 1813 zogen die Russen am „Fuchse“ vorüber, welche die

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_162.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)