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manchmal war das schimmernde Licht den Pilgern eine recht erwünschte Erscheinung, denn es verkündete ihnen dann ein schirmendes Dach und wohl auch eine gastliche Stätte. Die Sage berichtet allgemein, daß Lichtenberg damals „Licht im Berge“ geheißen habe. Noch vor 500 Jahren hieß der Ort Lichtinberg, dann Leuchtenberg. In alten Urkunden findet man diese Namen oftmals verzeichnet. Mit der Zeit gab man dem Orte die Bezeichnung, welche er heute führt, nämlich Lichtenberg. –

Für das hohe Alter Lichtenbergs spricht auch die Überlieferung, daß die frühere Kirche des Ortes vom Bischof Benno erbaut worden sein soll und zwar im Jahre 1076. Ob diese Nachricht mit der Geschichte übereinstimmt, läßt sich freilich schwer bestimmen. Vielleicht ist diese Überlieferung nur der Sage zuzuweisen, doch hat die Kunde viel für sich. Bischof Benno war ein Gegner Heinrich IV. Als der Kaiser siegreich durch die Mark Meißen zog, soll Benno ein Gefangener des Kaisers geworden sein. Aus dieser Gefangenschaft sei er aber wieder befreit worden, und zum Danke für seine Rettung habe er 1076 im Gaue Nisici mehrere Kirchen erbaut, unter welchen die Kirchen zu Göda, Bischofswerda und Lichtenberg genannt werden. Demnach müßte Lichtenberg zu jener Zeit schon ein verhältnismäßig volksreicher Ort gewesen sein, wenn er dazu ausersehen wurde, eine größere Kirche zu erhalten. Im Jahre 1840 trug man die alte Kirche ab. Die Bausteine waren in Gips gesetzt, und Sachkenner haben nach der Bauart des alten Gotteshauses auf ein sehr hohes Alter desselben geschlossen und haben ausgesprochen, daß die alte Kirche zu Lichtenberg schon seit Einführung des Christentums gestanden haben müsse.

Die jetzige Kirche Lichtenbergs wurde in den Jahren 1840 und 1841 erbaut; sie ist in byzantinischem Stile errichtet und gehört zu den schönsten Gotteshäusern in weitester Umgegend. Weithin leuchtet sie von ihrer Anhöhe grüßend in das Land hinaus, sie ist gleichsam das Wahrzeichen der Lichtenberger Gegend; denn sie dient vielen zur Orientierung in der Ferne.

Lichtenberg zählt ungefähr 1300 Einwohner, die sich in der Hauptsache mit Land- und Gartenbau beschäftigen. – In Kriegszeiten hat der Ort auch mancherlei Drangsale erdulden müssen, besonders im 30jährigen Kriege und im Kriegsjahr 1813. Am 28. Juli 1632 brachen die Kroaten im Dorfe ein und versetzten die Einwohner in den größten Schrecken. Nicht weniger als acht Ortsbewohner wurden erschossen. Der damalige Pfarrer, M. Nic. Jakobi, hat im Kirchenbuche darüber folgendes eingetragen:

„Herr, es sind Heiden, als Kroaten, eingefallen, die um Lichtenberg her Blut vergossen, wie Wasser. Herr, das macht Dein Zorn, daß wir so vergehen und dein Zorn, daß wir so plötzlich dahin müssen! Herr, wie lange willst Du sogar zürnen und Deinen Eifer wie Feuer brennen müssen? Herr, gedenke nicht unserer vorigen Missethat, denn wir sind fast dünne geworden, erbarme Dich unser bald! Herr Jesu, hilf uns, um Deiner Güte willen, vergib uns unsre Sünde und räche das unschuldig vergossene Blut an Deinen und unseren Feinden! Es sind aber der Personen acht, so teils alsobald jämmerlich niederhauen und durchschossen tot geblieben, eine Person aber folgenden Tages zu Mittage auch verschieden. Und sind diese acht Personen den 31. Juli mit christlichen Zeremonien und einer Leichenpredigt, volkreicher Versammlung der Benachbarten, nicht ohne sonderliches Mitleid und Erbarmung, ehrlich zur Erde bestattet worden, darunter sind fünf Mannespersonen und drei Jünglinge gewesen.“

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_204.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)