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101. Der Goldborn bei Pulsnitz.

Wie eine Urkunde von 1140 meldet, kam das Rittergut Pulsnitz im genannten Jahre in die Hände der Deutschen. Vorher war dasselbe eine wendische Besitzung gewesen. Bald darauf wurde es mit der Stadt und dem sonstigen Zubehör Lehnseigentum der Kamenzer Burggrafen, die damals auch Elstra, die Luchsenburg am Sibyllenstein und Rammenau bei Bischofswerda besaßen.

Zu jener Zeit jagte ein Herr auf Rammenau mit dem Herrn auf Pulsnitz im Pulsnitzer Forste, der damals weit ausgedehnter war und nach den Höhen zu in Urwald überging. Stundenlang hatte man im Oberforste gejagt, da wurde der Rammenauer Herr vom Durste arg gepeinigt. Er war dem Verschmachten nahe. Doch kam er noch zur rechten Zeit an einen frischen Quell. Hier ließ er sich nieder und erfrischte die müden Glieder. Das Wasser war von ganz besonderem Wohlgeschmack. Aus Dank warf der Herr von Rammenau ein Goldstück in den Quell. Von diesem Tage an bezeichnete man jene Quelle als den Goldborn, und dieselbe führt diesen Namen noch heute.

102. Die Eichardt bei Pulsnitz.

Eine halbe Stunde in östlicher Richtung von der Stadt Pulsnitz entfernt breitet sich eine größere Waldfläche aus. Dieselbe führt den Namen „die Eichardt“. Die Eichardt gehört als Waldgrundstück zum herrschaftlichen Gute Pulsnitz, ehedem zählte es zum Königreiche Böhmen. Durch eine eigentümliche List kam die Eichardt aber zum Besitztume der Herrschaft Pulsnitz, und das ging so zu:

Um den Besitz der Eichardt stritten sich einst die Könige von Böhmen und die Herren auf Pulsnitz. Den Rechtsstreit verloren die letzteren, doch wurde ihnen großmütig gestattet, noch eine Saat und Ernte auf diesem Grundstücke, um welches Jahrzehnte gestritten worden war, zu halten. Wie aber nun die Sage erzählt, ließen die Pulsnitzer Gutsherren nicht etwa Getreide aussäen, sondern Eicheln. Durch diese List sicherte sich das herrschaftliche Gut den dauernden Besitz jenes wertvollen Grundstückes. Dasselbe führt zur Erinnerung daran noch heute den Namen „die Eichardt.“

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 227. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_227.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)