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zählte.“ – Im Jahre 1635 erstach der Sohn des Kamenzer Bürgers Böhme beim Duell im Gasthofe „zum Goldenen Hirsch“ den Prediger Prätorius aus Großgrabe. – Das Gasthaus „zum Goldenen Hirsch“ trägt auch eine Erinnerung an den Dichter Gotthold Ephraim Lessing. Bei den Verwandten im „Goldenen Hirsch“ versammelten sich an Gotthold Ephraim Lessings Tauftage, den 24. Januar 1729, die Taufzeugen: Pastor Lange aus Uhyst am Taucher, Frau Landsberger aus Dresden und der Stadtschreiber Christian Gottlob Lessing, des Knaben „Wohltäter.“


120. Der Brunnen auf dem Marktplatze in Kamenz.

An der Südostseite des Marktplatzes in Kamenz steht der Andreasbrunnen, der ein schmuckes Denkmal bildet. Ihn ließ der letzte katholische Bürgermeister der Stadt, Dr. Andreas Günther, im Jahre 1548 erbauen. 22 Jahre später, im Jahre 1570, dem Todesjahre des Gründers, wurde der auf den drei Säulen ruhende Ueberbau errichtet. Der Fries trägt Inschriften.

Auf der einen Seite: D. ANDREAS GUNTHERUS. PROCON. SUL.
Darüber befindet sich ein Doppelaar, das österreichische Wappen.
Auf der anderen Seite steht: Camicianus Hunc. Fontem Svis.

Ueber dieser Inschrift ist das Kamenzer Wappen angebracht. Ein blaues Feld zeigt zwei schwarze Türme über einem Tore mit Fallgatter. Zwischen den beiden Türmen befindet sich ein Schild mit einem goldenen Löwen in rotem Felde. Die dritte Seite des Frieses zeigt die Worte:

Impensis Ornari Fecit Patriae Pietatis Impvlsv Anno 1570.

Darüber befindet sich ein Wappenbild, der böhmische weiße Löwe mit goldenen Klauen und mit Doppelschweif in rotem Felde. Das Ganze ist gekrönt von einer Statue, welche die Gerechtigkeit darstellt, und von drei kleinen Kinderfiguren.

In dem denksteinartigen Bau des Andreasbrunnens will man einen Galgen erkennen. Nach der Sage deute das „Dreibein“, der Galgen, auf Sühne. Der Erbauer dieses Brunnens sei einst eines schweren Vergehens beschuldigt worden. Gegen ihn hätten die Richter sogar die Todesstrafe ausgesprochen. Doch der Verurteilte habe durch Erbauung dieses Brunnens von der verdienten Strafe sich losgekauft und dem Brunnendenkmale die Form eines Galgens gegeben, wodurch er offen bekannte, für sein Vergehen eigentlich die Todesstrafe verdient zu haben.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_258.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)