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leerem Wagen und leerem Beutel gegen Mitternacht nach Hause. Seiner Frau, die schon ziemlich lange auf ihn gewartet hatte, sagte er, daß die Geschäfte schlecht gegangen wären, „Holz wollen die Pulsnitzer Töpfer wohl haben, aber zahlen will keiner!“ meinte er brummend und konnte vor Aerger kein Auge schließen. – Am anderen Morgen stand der Bauer frühzeitig auf, um wieder, wie er fast alle Tage zu tun pflegte, in den Wald zu fahren. Auf dem Wagen lagen noch einige Holzsplitter, die von jenen Scheiten herrührten, welche er in der verflossenen Nacht am Keulenberge aufgeladen und auch wieder abgeladen hatte. Aergerlich schleuderte er dieselben herab auf das Hofpflaster, wo diese aber seltsamerweise einen glockenreinen Klang von sich gaben. Verwundert hierüber, hob der Bauer einen solchen Holzsplitter wieder auf. Wie staunte er aber, als das Holz in reines Gold sich verwandelt hatte! Jetzt sammelte er sorgsam auch das kleinste Splitterchen. Wie bereute er, vergangene Nacht die Holzscheite abgeworfen zu haben! Ihm war es nun klar, daß das graubärtige Männchen niemand anders, als der Schatzhüter vom Keulenberge gewesen, war. Schnell eilte der Bauer mit seinem Wagen hinaus an den Berg, um die weggeworfenen Scheite heimzuholen, die nach seiner Meinung Gold sein mußten; denn jetzt wußte er, warum die Pferde den Wagen nicht mehr weiter zu schleppen vermocht hatten. Doch wie er auch suchte, von den abgeworfenen Holzscheiten war keine Spur mehr zu sehen. Wohl bemerkte er die tiefen Geleise, welche die Wagenräder hinterlassen hatten, aber die Holzscheite waren verschwunden. Ein großes Glück hatte er sich verscherzt. Heute hätte er der reichste Mann der Welt sein können. Doch immerhin machten die gesammelten Splitter ein großes Vermögen aus, und die Nachkommen jenes Gräfenhainer Landmannes gelten heute für wohlhabende Leute in der dortigen Gegend. –

Einst war ein Mann aus Naundorf oben im Walde am Keulenberge. Mit seinem Schiebekarren befand er sich in der Nähe der Bergruine. Er wollte dürres Reisig holen. Da erblickte er vor sich plötzlich einen unterirdischen Gang. Neugierig trat er ein und ging in demselben auch eine Strecke vorwärts. Er kam in ein Gewölbe, in dem große, mit Gold und Silber gefüllte Kästen standen. Schnell lief er wieder hinaus und holte den Karren, um eine der Kisten mitzunehmen. Aber er konnte den Gang mit dem Gewölbe nicht wieder finden. Der Eingang war spurlos verschwunden. Wie bereute es der Mann jetzt, nicht wenigstens soviel mitgenommen zu haben, als er in den Taschen hätte bergen können! Doch war es leider auch dazu zu spät. Er mußte nun zeitlebens ein armer Mann bleiben.

So sehen wir also, wie der Keulen- oder Augustusberg des Interessanten viel bietet. Es sollten Touristen, welche die Lausitz und die Wendei besuchen, nicht versäumen, auch diesen alten Götterberg mit in ihren Reiseplan aufzunehmen. Der Besuch desselben ist ein lohnender, dazu öffnet sich hier für den Sagen- und Geschichtsforscher ein ergiebiges Feld, aus dem er manchen Schatz heben kann.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_276.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)