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sputete sich, um bald wieder nach Hause zu kommen. Mit einer schweren Last beladen, trat es den Heimweg an. Da erhob sich auf einmal ein so arges Schneegestöber, daß das arme Mädchen nicht einen Schritt weit mehr sehen konnte. Dadurch kam das Mädchen von dem richtigen Wege ab und verirrte sich. Nach kurzer Zeit bemerkte es oben auf dem Schloßberge ein Licht, das da hell in den Wald hineinleuchtete. Auf dieses Licht ging das Mädchen zu. Da trat diesem ein graubärtiges Männchen entgegen. Das sprach zu der Verirrten: „Was trägst Du, und wo willst Du hin?“ Das Mädchen antwortete: „Ich bin aus Brauna und will wieder dorthin. Im Schneegestöber habe ich mich verirrt. Meine Eltern sind arm. Holz sollte ich zur Feuerung im Walde sammeln!“ – Das Männchen sagte: „Folge mir ohne Furcht nach, mache aber vorher Deinen Korb leer!“ – Das Mädchen folgte dem Männchen. Es kletterte den Berg mit hinauf. Oben auf der Höhe lag ein fünf Ellen hoher Felsblock. Derselbe hatte eine Oeffnung,[WS 1] aus der helle Flammen schlugen und eine Menge Silbermünzen sprangen. Das Männchen stürzte den Korb des Mädchens nochmals um und befahl dem Mädchen, den Korb jetzt mit Silbermünzen anzufüllen. Dessen weigerte sich das Mädchen, weil es glaubte, das Männchen sei ein böser Geist. Da ergriff aber das Männchen selbst den Korb und füllte diesen mit Silbermünzen an. Dann geleitete der Geist das Mädchen durch den Wald auf den rechten Weg und brachte es bis nach Brauna vor das Haus der besorgten Eltern. Dieselben waren über das Silbergeschenk sehr verwundert, welches ihre Tochter oben auf dem Schloßberge erhalten hatte. Nun waren sie reich, und die Not hatte ein Ende. Als die anderen Leute im Dorfe vernahmen, wie die armen Häusler mit einmal so reich geworden waren, zogen sie in den nächsten Tagen in Scharen hinauf nach dem Schloßberge und gruben hier. Kein Stein blieb auf dem anderen, allein man fand nichts von einem Schatze. Das Mädchen aber und seine Eltern lebten glücklich bis zum Lebensende.


  1. Vorlage: Oeffung
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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 280. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_280.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)