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126. Empörung der Kamenzer im Jahre 1409.

Hundert Jahre nach dem Tode des edlen Burggrafen Burghardt war das Verhältnis der Kamenzer Bürger zu den Bewohnern der Burg kein so inniges mehr wie vordem. Die Burgherren erlaubten sich mancherlei Uebergriffe und zeigten sich als die Herren und Stärkeren. Tugend und gute Sitte waren ihnen fremd. Frauen und Töchter der Kamenzer fühlten sich vor den Nachstellungen der Ritter nicht mehr sicher. Die Erbitterung der Bürger gegen die das Burglehn bewohnenden Vasallen war im Anfange des 15. Jahrhunderts so groß, daß dieselben beschlossen, die Jahre hindurch erlittene Schmach und Kränkung an den Burgbewohnern zu rächen. In einer bestimmten Nacht des Jahres 1409 sollte der Racheplan zur Ausführung kommen. Wohlbewaffnet drangen Hunderte von Bürgern auf ein gegebenes Zeichen in das Burglehn und in die angrenzende Burg, welche mit dem Burglehn, das innerhalb der Ringmauer der Stadt lag, durch ein großes Tor verbunden war, ein und erschlugen, wen sie trafen und fanden. Die Bewohner des Burglehns wurden aus dem Schlafe gerissen und niedergemetzelt, die Verwundeten stürzte man zum Fenster und die Abhänge hinunter, oder man warf sie in tiefe Wassertröge. Die Wut kannte keine Grenze. Geschont wurde niemand. – Ueber diesen Vorgang berichtete der Burggraf dem König Wenzelslaus. Derselbe erschien im nächsten Jahre 1410 persönlich in Kamenz, um über die blutige Tat der Kamenzer zu richten. Einige Jahre früher hatte er dies auch in Budißin getan und dort vielen Bürgern die Köpfe abschlagen lassen. Denjenigen, welche sich am Aufstande beteiligt hatten, war es nicht ganz wohl zu Mute. Man war auf das Schlimmste gefaßt, doch wurde dem Gerechtigkeitsgefühl des Königs vertraut. Der König stellte ein scharfes Verhör an, erkundigte sich nach der Ursache des Aufstandes ganz eingehend und nahm darauf die Ritter ebenfalls in ein scharfes Verhör. Da stellte es sich denn heraus, daß die Kamenzer Bürger mehr in der Notwehr gehandelt hatten. Die Ritter konnten die vielfachen Kränkungen, welche sie den Kamenzern angetan hatten, nicht leugnen. Die Beweismittel waren

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 281. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_281.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)