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schwingen sich auch die Edelleute auf die Kutsche, die Pferde werden rasch angetrieben, und fort geht die Fahrt durch die Wendische Gasse, durch die Töpfer Gasse, um den Graben bis zur Brücke zum heiligen Geiste. Hier ziehen die Räuber den beinahe erstickten Magister hervor, reißen ihm den Chorrock vom Leibe und machen eine Fahne daraus. Im rasenden Galopp jagen die Pferde bis Göda. Hier zerbricht ein Rad. Nachdem das zerbrochene Rad durch ein neues ersetzt worden ist, nehmen die Räuber ihren Weg nach der Königsbrücker Heide. In derselben angekommen, können die Pferde aber kaum noch laufen. Man muß eine längere Rast machen. Der geraubte Magister kann sich auch erholen. Ueber sein ferneres Schicksal bleibt er freilich unaufgeklärt. – Ob man ihn zu retten versucht? Wer konnte es wissen? – Doch seine Retter waren schon unterwegs. Was mit dem greisen Magister Jacob Heinrici sich ereignet hatte, war doch nicht unbeobachtet geblieben. Ein Schüler von der alten Schule hatte den stillen Beobachter gemacht. Schnell eilte er zum Glöckner Petro Hübner und meldete diesem, was er gesehen hatte. Der Glöckner gibt sofort den Priestern davon Nachricht, und diese eilen zum Dekan Johann Leisentritt. Unterdessen hat der Glöckner die Sturmglocke gezogen. Die waffentragenden Bürger eilen nach dem Markte. Hier erhalten sie vom Amtshauptmanne und dem Rate die Weisung, die Räuber zu verfolgen. Die Verfolger nehmen ihren Weg über Göda. Hier erfahren sie, daß die „Plagiariis“ nach der Königsbrücker Heide sich wandten. Darum wird beschlossen, den Königsbrücker Wald zu umringen. Das Nahen der Verfolger war aber von Georg v. Carlowitz und seinen Mannen bemerkt worden. Jetzt hieß es, rasch zu entkommen. Ohne sich um den armen Magister noch weiter zu kümmern, machen die Räuber die Pferde vom Wagen los und jagen mit diesen auf und davon. Glücklich kommen sie aus dem Walde, bevor derselbe vollständig umringt worden ist. Der Magister konnte sich das Davoneilen der Räuber nicht erklären. Er lief nun auch davon und irrte in dem unbekannten Walde umher. Da traf er an einem Gewässer einen Fischer, dem er erzählte, was ihm widerfahren war. Der Fischer brachte den Magister nach Königsbrück. In diesem Städtchen wurde Jacob Heinrici von einer alten Frau gastfreundlich aufgenommen und bewirtet. Hier fand man den Geraubten endlich auf, und er wurde „unter Begleitung des kleinen Schössers nebst 12 Reitern“ wieder zurück nach Bautzen gebracht. Die Freude des Wiedersehens war groß. Durch einen herzlichen Empfang gaben die Bürger Bautzens ihrer Freude Ausdruck.

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 403. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_403.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)