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An einigen einzelstehenden Häusern vorüberkommend, unter denen sich auch ein ehemaliges Forsthaus befindet, erreichen wir nach zehn Minuten von der Landstraße aus den dämmernden Wald. Zur Rechten bleibt das Dörfchen Pickau liegen. Unser Weg führt am westlichen Rande des Pickauer Berges hin. Zur Linken liegt, durch ein kleines, saftiges Tal getrennt, der Geißmannsdorfer Berg. Vom Waldesrande aus erreichen wir die Höhe des Berges bequem in einem Viertelstündchen. Der Weg bis dahin ist durchaus schattig und bequem, wenn zuletzt auch etwas sehr steil, doch die Waldeskühle erfrischt uns. Endlich erreichen wir die Höhe, die ein idyllisches Wirtshaus trägt. Die kleine Bergebene ist ringsum vom Walde umgrenzt, so daß wir vor Zugwind ziemlich geschützt sind. Der freie Platz vor der Restauration ist mit vielen Tischen, Stühlen und Bänken besetzt, die wieder von schattigen Linden überwölbt sind, so daß die brennenden Sonnenstrahlen uns nicht belästigen können. Bei etwa losbrechenden Gewittern und Regengüssen bieten der geräumige Saal und das anstoßende Gastzimmer einer großen Anzahl Besucher guten Unterschlupf.

Wir werden wohl selten die einzigen Gäste hier oben sein. Der Butterberg hat immer Besuch, sei es an Wochen- oder Festtagen, sei es im Sommer oder mitten im Winter. Am besuchtesten ist der Butterberg freilich Sonntags. Da kommen außer den Städtern auch die Bewohner der umliegenden Dörfer herauf, um hier oben, wo die Freiheit wohnt, einige Stunden der Erholung zu verbringen. Das Schönste, was der Butterberg bietet, das ist die herrliche Rundsicht. Zu diesem Zwecke besteigen wir den steinernen Aussichtsturm, der sich seit dem Jahre 1868 über die Wipfel der ringsum stehenden Bäume erhebt, so daß der Blick ungehindert in die Ferne schweifen kann. Wir übersehen vom Turme aus einen gar großen Teil der Lausitz. Das Lausitzer Bergland liegt gleichsam panoramaartig vor uns ausgebreitet. Wir können uns an dem lieblichen Landschaftsbilde nicht sattsehen. Die Aussicht ist geradezu entzückend schön, wenigstens für denjenigen Besucher des Butterberges, der noch Sinn für Naturschönheit hat und in dessen Brust noch ein feinfühlendes Herz schlägt. Nach Süden hin schweift unser Auge über die Stadt Bischofswerda weg in die Gegend von Stolpen und Neustadt. Herüber zu uns grüßen die Höhen der Sächsisch-Böhmischen Schweiz, von Südwesten her die Berge des östlichen Erzgebirges. Nach Westen den Blick wendend, liegt vor unserm Auge die Gegend von Pulsnitz und Radeberg. Hinter der letztgenannten Stadt zeigt sich die weitausgedehnte Dresdener Heide, die Vorpostenkette von Dresden und dem Elbtale. Nach Norden hin überblicken wir die Gegend um Elstra, Kamenz und um das Kloster Marienstern. Der höchste Nachbar des Butterberges ist der nach Elstra zu liegende Sibyllenstein. Vor uns, nach dem Kloster Marienstern blickend, liegt der düstere Taucher bei Uhyst, ein umfangreiches Waldgebiet. Nach der nordöstlichen Seite hin reiht sich Dorf an Dorf. Die sächsische Wendei öffnet ihre Pforten, und unser Auge schweift über diesen gesegneten Landstrich mit Wohlgefallen. Nach Osten zu überschauen wir die Bautzener Gegend, ja, unser Auge reicht bis in die Gegend von Löbau, Zittau und Görlitz. Unter den Bergen, welche sich hier besonders hervorheben, sind der Czornebog und Bilebog zu nennen, ferner der Hochwald und die Lausche. Groß ist aber die Zahl der Dörfer, welche wir vom Turme aus überblicken! Sie sind kaum zu zählen. Mit Recht zählt man den Butterberg bei Bischofswerda zu denjenigen Höhen des Lausitzer Berglandes, welche die schönsten Fernsichten bieten. Wer den Butterberg zum ersten Male besucht, der wird sicherlich von dem,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 475. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_475.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)