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Daß es noch andere als »psychische Bedürfnisse« gibt, nämlich zwingende ökonomische Bedürfnisse, wird bei Weininger mit keiner Silbe in betracht gezogen. Angenommen selbst, es wären wirklich nicht immer echte und tiefe psychische Bedürfnisse, die jemanden zur Ausübung eines ernsten Berufes und zu ernstem Bildungsstreben führen, so wird doch wohl jedermann, der die Mühen, Lasten, Verantwortungen und Schwierigkeiten eines Studiums oder eines Berufes auf sich nimmt und zu erringen sucht, ernste und zwingende Gründe hiefür haben – und kaum einer bloßen Mode folgen!

Natürlich folgt die »Resolution« – in fetten Lettern – auf dem Fuße: freien Zulaß zu allem – aber nur denjenigen Frauen, deren »wahre psychische Bedürfnisse« sie zu »männlicher Beschäftigung« treiben! »Fort mit der ›unwahren‹ Revolutionierung – weg mit der ganzen Frauenbewegung!« 

Solches wird großartig und pompös in Doppelfettdruck verkündet! – Ganz abgesehen von der bereits erörterten Verlogenheit – oder Verblendung – welche in den Berufsbestrebungen der Frauen andere als ernste und zwingende Gründe zu sehen vermag, – möchte ich doch gerne wissen, wie man bei der Zulassung zu den Universitäten, zum Studium und zum Erwerb die »wahren psychischen Bedürfnisse« denn erkennen soll, um die, die von ihnen getrieben werden, von den anderen – fernzuhaltenden – solchen, die vielleicht »nur« von ökonomischen Bedürfnissen getrieben sind, zu sondern? Vielleicht an dem »männlichen Habitus« – den sie gewöhnlich gar nicht haben?

Des weiteren wird vorgeschlagen – zwecks Konstatierung weiblicher Minderwertigkeit – ein Verzeichnis bedeutender Männer mit dem bedeutender Frauen zu vergleichen und die erdrückende Überfülle auf dem ersteren zu ersehen. Ganz gewiß hat es unvergleichlich mehr und

Empfohlene Zitierweise:
Grete Meisel-Heß: Weiberhaß und Weiberverachtung. Die Wage, Wien 1904, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Weiberhass_und_Weiberverachtung.djvu/26&oldid=- (Version vom 1.8.2018)