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Franz Werfel: Wir sind. Neue Gedichte.

Nun ich die Korrekturen dieses Buches vor mir habe, faßt mich der furchtbare Schrecken, das in Ordnung und Folge zu sehn, was als Einzelnes mich so oft mit dem Unglück der Abirrung, des Fernseins vom Wesen, dem Unglück der Falschheit aller Realisierung erfüllt hat.

Warum stelle ich denn da das Erscheinen nicht ein und schreibe sogar noch ein Nachwort? K. H. nennt das Ich-Politik. Zugegeben! Aber es sei erlaubt einige Tröstungen hieherzusetzen.

Wenn Wert irgendeinem menschlichen Werke zugesprochen werden kann, so doch jedenfalls nur dem notwendigen, d. h. dem Werke, das nicht unterbleiben konnte, ohne daß die Welt aufgehört hätte, zu bestehen.

Dies Notwendige geschieht in jeder Existenz als Tragik, Schicksal. Im Gang des Menschenlebens zeigt es sich als Mord, Entführung, Schwur und Wohltat, also in allen Taten – (Du mein großer, entrückter Kapellmeister!) – deren es kein sich Erwehren gibt. Einzig dem schöpferischen Menschen ist das Bewußtsein des Notwendigen gegeben, denn sein Leben allein spielt sich nicht als äußeres Schicksal ab. Die Katastrophen und Erschütterungen, durch die im normalen Menschen der göttliche, unfaßbare Willen handelt und die diesem gar nicht zu Bewußtsein kommen, im Dichter bestehn sie rund, für sich, als kontrollierbare Wahnsinne als jenes entformteste und daher wahrhaftigste Außersichsein, um dessentwillen

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Franz Werfel: Wir sind. Neue Gedichte.. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1913, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Werfel_Wir_sind_1913.pdf/123&oldid=- (Version vom 1.8.2018)