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Franz Werfel: Wir sind. Neue Gedichte.

Die Mondstunde

Aus mattem Lichthof mir empor
Von fern entbranntem Tag gespeist,
Ein abgespiegelt windiger Geist,
Wallt Mond durch meinen Korridor.

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Ich öffne diese Türe und

Mein Fuß tritt einen weichen Fund.
Da eine Katze faucht mich an,
Der ich im Dunkel weh getan.

Ihr aus geschlitzten Augen bricht

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Ein abgespiegelt wildes Licht

Von Feindschaft, die im Weltall steht.
Wie sie in Kätzchens Blick gerät
Erwidert sie auch mein Gesicht.

Ich hebe meinen Knotenstock

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Mit einem schweren Zauberwort.

Zu ihrer Herrin Unterrock
Schmiegt sich die Katze feindlich fort.

Anzünd’ ich, nun mich Schmerz befällt,
Die kleine Kerze unverwandt,

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Geh mit dem Flämmchen in der Hand,

Geh auf den Gang und klage – Welt!

Empfohlene Zitierweise:
Franz Werfel: Wir sind. Neue Gedichte.. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1913, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Werfel_Wir_sind_1913.pdf/53&oldid=- (Version vom 1.8.2018)