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Franz Werfel: Wir sind. Neue Gedichte.

Das interurbane Gespräch

Alles kam. Die Wohnung dehnte sich aus den Fugen,
Vergangene Worte sprangen auf, erloschne Gelächter schlugen.
Versunkene Stimmen von Dienstmädchen und Kohlenmännern kamen,
Und ganz verwehte Violinstunden nannten mich schüchtern beim Namen.

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Die oftbetretene Treppe tappte treuherzig heran,

Und alle Türen ächzten im Zauberbann.
Auch die Reden der Mutter, der Schwestern waren nicht weit
Und wandelten doch in der lange verlorenen Zeit.
Wie Mägde, eh sie ins Zimmer treten, die Hand in die Schürze wischen,

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Verbeugten sich alte Gerüche in allen Ecken und Nischen.

Geruch verrauschter Gastmähler und die Gerüche
Der Schulfrühstücke entliefen der lieben Küche.
Auch ein vergessenes Regenwetter stand am Apparat,
Das den verlorenen Sohn um Erinnerung bat. –

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Die Zeiten und Weiten brachen aus Uhr und Stein

Und wie schon jauchzend alles zusammenschäumte,
Riß der Gott der Ferne, der wild sich bäumte
Uns auseinander und ließ mein Weinen allein.

Empfohlene Zitierweise:
Franz Werfel: Wir sind. Neue Gedichte.. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1913, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Werfel_Wir_sind_1913.pdf/67&oldid=- (Version vom 1.8.2018)