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zuletzt, nach einem fast stündigen Kampfe, siegten sie, und bildeten eine neue feste Kette um den Schneider, der erzählen mußte.

Der Meister Pankratz hatte unterdeß zwar Zeit genug gehabt, sich zu erholen und neue Kräfte zu sammeln, dennoch war er noch so zerstört, daß er nur eine sehr konfuse Erzählung des Erlebten vorbringen konnte. Sein Nacherzähler will ihn daher auch hier nicht redend einführen, sondern lieber auf seine schlichte Art referiren, was der Schneider den erstaunten Paderbörner, Adeligen und Nichtadeligen mittheilte.

Am Tage vor diesem Auflaufe hatte der Schneider-Meister Pankratz, von dem Klosterherrn zu Bödecken eine Botschaft bekommen, ungesäumt nach Kloster Bödecken aufzubrechen, um dem Bruder Schneider bei Verfertigung vieler neuen Habite, die bei einem baldigen Besuche des Bischofs getragen werden sollten, Beistand zu leisten. Der Schneider hatte auf der Stelle wegen vielerlei Arbeit nicht aufbrechen können, sich jedoch sofort mit dem Beginn des sogenannten Schneiderstündchens, welches mit der Dunkelheit seinen Anfang nimmt, auf den Weg gemacht. Wohlgemuth, nachdem er von seinem Hauskreuze Elsabein Abschied genommen, und nicht ahnend, welche Schrecken ihm bevorstehen, hatte er die Reise angetreten, und war auch, unter dem Schutze eines klaren, freundlichen Mondlichtes, sonder Gefahr bis in die Nähe des Klosters Bödecken gekommen; dieß selbst hoffte er noch vor Mitternacht zu erreichen, und zweifelte er nicht, bei dem Bruder Pförtner, der sein Freund war, und an dessen Zellenfenster er anklopfen wollte, Einlaß und einen Krug altes Bier und ein warmes Bette zu finden.

Empfohlene Zitierweise:
H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 049. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_049.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)