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schienen, nahm jetzt das Wort. Fürchte dich nicht Gesell, sprach er zu dem Schneider, und berichte uns, wer du bist, und was dich hierher führt.

Seine Stimme klang dem Schneider anmuthig gegen das Gelächter und Geheul von eben, und Muth fassend, jedoch mit kläglicher Stimme, erwiderte er: Ich wollte zum Kloster Bödecken, um den Mönchen neue Habite zu machen; ich bin ein armer Schneider aus Paderborn!

Bei dem Worte Schneider lachten die Gestalten wieder wie toll, und die Hunde heulten wieder; der hohe Ritter aber fuhr fort, indem er zu seinen Gefährten sprach: Den Gesellen können wir gebrauchen! Anstatt dem Schneider der Mönche zu helfen, kann er bei unsern Schneidern arbeiten. Es ist alles Eins!

Nur daß er mit brennenden Nadeln nähet, und mit glühendem Zwirn! riefen lachend Mehrere aus dem Haufen.

Da erbebte dem armen Nadelhelden das Herz gewaltiger als bisher, und er schrie von neuem um Gnade und um Loslassung, um seines armen Weibes willen, die sich todt grämen würde ohne ihn. Der geharnischte Ritter aber gab einem Reisigen, der im Hintergrunde auf einem großen schwarzen Hengste hielt, einen Wink, und augenblicklich kam dieser näher, ergriff das bebende Schneiderlein und hob es hinter sich auf sein Roß. Und in sausendem Galopp jagte dann der ganze Haufe unter Lachen, Schreien und Toben, und dem Geheul der Hunde, dem Lutterberge zu.

Dem armen Schneiderlein war vor Schrecken Sprache und Stimme ausgegangen, er ergab sich leidend dem, was um ihn und mit ihm geschah, und

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H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 052. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_052.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)