Seite:Westphälisches Magazin Bd.1 H.1-2 115.gif

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Westphälisches Magazin zur Geographie, Historie und Statistik, Band 1, Heft 1–2

Sprache.

Ihre Sprache ist äußerst platt, und einem Oberdeutschen eben so schwer auszusprechen, als die Englische. Sie ist das größte Hinderniß, welches der Bildung des Volks im Wege steht, und so lange nicht mit Fleiß an Verbesserung und Ausbildung der Sprache gedacht wird, hilft aller Unterricht wenig. Die Volkslehrer und Richter reden eine dem Volke fremde Sprache, und das müssen sie, weil jedes Dorf seinen Dialekt, und jedes Kirchspiel die frappanteste Abweichung in Worten, Accent und Pronunciation hat. Es ist wohl wahr, daß das Volk anderwärts auch nicht Büchersprache redet; aber sie weicht doch nicht so weit von einander ab, daß sie sich nicht unter einander verstehen könnten. So aber ists hier nicht! Der Bauer versteht unter manchen hochdeutschen Wörtern grade das Gegentheil: Großmuth heißt bei ihm Hochmuth, Niederträchtigkeit ist ihm eine Tugend. Denn ein Niederträchtiger heißt bey ihm ein freundlicher demüthiger Mensch; Kleinnod heißt bey ihm kleine Noth, Klipschulden und kleine Plagen. Demuth, Sanftmuth nennt er Gelassenheit. Aergern heißt sich betrüben; eifern heißt sich grämen; lermen heißt schelten; treiben heißt plaudern; Strümpfe heißen Hosen, und Beinkleider, Büchsen.

Die Vokale werden selten rein, fast immer wie Diphtongen ausgesprochen. In Water, Akker ist der a ein a, sonst lautet er wie halb a, o, und e.

a) oe – e –       e) ei – e       e) ie, e

o) aeo – e

u) ui – e. Ohne Accent ist der Laut ohnmöglich auszusprechen, und auch dennoch muß der Laut gehöret werden, wenn man eine Idee davon haben will.

Man erlaube mir noch einige Provinzialwörter beyzufügen, die so sehr vom Bücherdeutsch abweichen, daß man sie für Wörter aus 2 verschiedenen Sprachen halten sollte.

Ameise Plattdeutsch Miegeimerken.
Abendmahl –       – Nachtmisse.
Biene –       – Imme.
Eifrig –       – Vernienig.
Empfohlene Zitierweise:
: Westphälisches Magazin zur Geographie, Historie und Statistik, Band 1, Heft 1–2. , 1784, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lisches_Magazin_Bd.1_H.1-2_115.gif&oldid=- (Version vom 1.8.2018)