Beschaffenheit zurückzuführen.
Dies ist offenbar ein Gesichtspunkt von allgemeinster Anwendbarkeit, von dem wir bei der Führung unserer Angelegenheiten im gewöhnlichen Leben beständig ausgehen. Werden wir unter der Behandlung eines Arztes immer kränker, statt gesunder, so verlieren wir das Vertrauen zu ihm und wenden uns an einen anderen; verliert uns ein Rechtsanwalt unsere Prozesse, so suchen wir uns einen erfolgreicheren. Aber es wird uns nicht einfallen, gerade den Mann, der unser Vertrauen eingebüßt hat, darüber bestimmen zu lassen, wie wir unser neues Verhalten einrichten sollen. Denn wir wissen im voraus, daß er uns versichern wird, er habe alles menschenmögliche getan, und man könne sein Verfahren höchstens in unwesentlichen Nebenumständen verbessern.
Als es sich aber darum handelte, unser Schulwesen zu verbessern, nachdem seine Schäden uns am eigenen Fleisch und Blut immer schmerzlicher und schmerzlicher zum Bewußtsein gekommen waren, so wendete man sich doch wieder an dieselben Männer, welche die Schule soweit heruntergebracht haben und als die Vertreter des gegenwärtigen Verfahrens dessen natürliche Anwälte sind. Und ganz aufrichtige Anwälte, wie ich nochmals betone, denn sie übten es ja nicht, wenn sie nicht davon überzeugt wären, daß es das richtige ist. Da darf es uns denn auch nicht wundernehmen, wenn sie uns sagen, daß alles gerade so ist, wie es sein soll, und daß die Mißstände, die wir empfinden, entweder unvermeidliche Notwendigkeiten oder gar ganz besondere Vorzüge seien. Und bei der
Wilhelm Ostwald: Wider das Schulelend. Akademische Verlagsgesellschaft m.b.H., Leipzig 1909, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wider_das_Schulelend.pdf/14&oldid=- (Version vom 1.8.2018)