uns klar darüber werden, wie das Schlechte besser zu machen ist. Und da haben wir eine untrügliche Führung an den Stücken, die sich als gut erweisen, denn wir brauchen das Fehlerhafte nur in ihrem Sinne umzugestalten, um unser Ziel zu erreichen. So entsteht die dringende Frage: wodurch ist es gekommen, daß gerade diese beiden äußersten Glieder unseres Erziehungswesens so gut geraten sind, und die anderen so schlecht?
Die Antwort auf diese Frage muß mit großer Vorsicht gesucht werden, denn nicht alles, worin die guten Teile von den schlechten verschieden sind, darf als Ursache ihres Besserseins unmittelbar in Anspruch genommen werden. Andererseits sind die beiden Gebiete so sehr verschieden, daß sie überhaupt nicht viel Ähnlichkeit haben. Dies macht es uns leichter, die gemeinsame Quelle ihrer guten Seiten zu entdecken.
Diese gemeinsame Quelle glaube ich in der Freiheit zu finden, mit welcher beide Gebiete sich selbst haben gestalten dürfen. Darüber, wie ein großer Naturforscher seine Schüler ausbildet, bestehen noch keine amtlichen Vorschriften. Nicht einmal die amtlicherseits so sehr geschätzte Gleichförmigkeit des Verfahrens findet statt; vielmehr habe ich schon vor vielen Jahren gelegentlich eines feierlichen Vortrages zum Schrecken eines anwesenden Ministerialdirektors feststellen dürfen, daß über Form und Inhalt der wissenschaftlichen Leistung, die als ausreichend zur Erteilung des Doktorgrades erachtet wird, ausschließlich der leitende Professor bestimmt. Formell haben allerdings noch einige Kollegen mitzureden; da sie aber bezüglich ihrer Schüler die gleiche Selbständigkeit für
Wilhelm Ostwald: Wider das Schulelend. Akademische Verlagsgesellschaft m.b.H., Leipzig 1909, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wider_das_Schulelend.pdf/19&oldid=- (Version vom 1.8.2018)