denn glücklich ist jeder, der sich nach eigenem Willen erfolgreich betätigen kann.
Hieraus geht zunächst hervor, daß der elementare Unterricht notwendig an den persönlichen Kulturkreis des Kindes anknüpfen muß. Das Landkind muß einen anderen Anfangsunterricht erhalten als das Stadtkind, denn beide bringen ganz verschiedene Voraussetzungen und ganz verschiedenes Anschauung- und Begriffsmaterial in die Schule mit. An das Vorhandene aber muß der Lehrer anknüpfen, wenn er seinen Zöglingen lebendiges Wissen und Verstehen vermitteln will. Niemals darf das Schulwissen als etwas erscheinen, was von dem Wissen des täglichen Lebens irgendwie, außer in seiner Ordnung und Wirksamkeit, verschieden ist. Die Bestrebungen der Elementarlehrer, zunächst ohne Schreiben und Lesen allein aus den Anschauungen Begriffe zu bilden, und erst dann, wenn ein bestimmter Vorrat von solchen sicher und regelmäßig gehandhabt wird, an die Zuordnung von Schriftzeichen zu geben, muß von unserem Standpunkte aus lebhaft unterstützt werden. Was wir hier brauchen, ist vor allen Dingen eine größere Freiheit des einzelnen Lehrers für die Entwicklung seiner persönlichen Methoden, d. h. Experimentierfreiheit zum Zwecke der möglichst schnellen und ausgiebigen Entwicklung der allgemeinen Methode. Man soll nicht erwidern, daß junge Lehrer doch unmöglich die Kenntnis und Erfahrung haben können, welche zu einer gründlichen Verbesserung des Unterrichtes erforderlich sind. Die Geschichte der Wissenschaft und der Technik lehrt uns, daß die ganz großen Fortschritte fast ohne Ausnahme von jungen Männern
Wilhelm Ostwald: Wider das Schulelend. Akademische Verlagsgesellschaft m.b.H., Leipzig 1909, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wider_das_Schulelend.pdf/34&oldid=- (Version vom 1.8.2018)