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unter fünfundzwanzig Jahren bewirkt worden sind.[VL 1] Reicht hier in den Gebieten höchster menschlicher Leistungen dieses Alter aus, um selbständiges Gestalten zu ermöglichen, so wird es auch im Gebiete des Schulwesens ausreichen, und die geringen Fortschritte in diesem rühren vielleicht in erster Linie daher, daß junge Lehrer keine Gelegenheit finden, ihre schöpferischen Kräfte zu betätigen.

Ich berühre hier einen der schwersten Nachteile des deutschen Schulwesens, die Unterdrückung der Persönlichkeit. Die Unterdrückung der Persönlichkeit des Schülers wird uns noch mehrfach beschäftigen; hier ist von der beim Lehrer die Rede. Fasse ich die ganze Summe meiner pädagogischen Erfahrungen an mir selbst und an anderen Lehrern, die ich kennen gelernt habe, zusammen, so sind stets die besten Erfolge dann erzielt worden, wenn man dem Lehrer weitgehend freigestellt hat, wie er seine Arbeit ausführen will. Man darf sogar mit Sicherheit behaupten, daß eine objektiv schlechtere Methode in den Händen ihres Erfinders oder Vertreters bessere Resultate geben wird, als eine an sich bessere, die aber nicht zur Persönlichkeit des Lehrers paßt. Man sehe doch auf einem Bauplatz, in einer Schmiede, oder sonst an einer Stelle, wo verschiedene Menschen Arbeit leisten, zu, wie ein jeder von ihnen sein Werkzeug anders anfaßt und handhabt. Wollte man sie zwangsweise zu gleichförmigem Verfahren bringen, so würden sie weniger und schlechtere Arbeit machen. Jeder Mensch ist verschieden von den

Anmerkungen der Vorlage

  1. Vgl. hierzu: Große Männer von Wilh. Ostwald. Leipzig, Akademische Verlagsgesellschaft 1909.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Ostwald: Wider das Schulelend. Akademische Verlagsgesellschaft m.b.H., Leipzig 1909, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wider_das_Schulelend.pdf/35&oldid=- (Version vom 1.8.2018)