anderen in gewissen Beziehungen, und macht daher dasselbe auf etwas verschiedene Weise; liegt die Aufgabe vor, daß ein jeder sein Bestes leistet, so muß man ihm auch hinreichenden Raum lassen, es auf seine Weise zu machen. Auch hier bedeutet ein jeder Zwang nur Energieverlust, also einen kulturellen Nachteil.
Die größte Belastung der Elementarschule bei ihrer rationalen Entwicklung ist gegenwärtig, und dies muß rückhaltlos ausgesprochen werden, der Religionsunterricht. Dieser sitzt bei seiner gegenwärtigen Gestaltung wie ein Fremdkörper zwischen den anderen Gegenständen, bringt den Lehrer in Konflikte des Verstandes und des Gewissens und stört durch seine ganz abweichende Beschaffenheit die regelmäßige Entwicklung des kindlichen Geistes. Ich will die Frage, ob und in welcher Form das Kind Religionsunterricht erhalten soll, hier nicht erörtern; was ich aber mit allem Nachdruck betonen möchte, ist, daß der spezifische Religionsunterricht von dem Unterricht der Elementarschule völlig getrennt werden muß. Daß eine solche Trennung durchaus kein Hindernis für eine sehr intensive Entfaltung religiösen Lebens in den betreffenden Gemeinschaften ist, habe ich durchaus überzeugend in den Neuenglandstaaten in Nordamerika beobachten können. In den Vereinigten Staaten ist überall die staatliche Schule vollkommen neutral bezüglich der Religion und es wird den verschiedenen Konfessionen überlassen, ihrerseits für entsprechenden Jugendunterricht zu sorgen. Dabei habe ich nirgend in der Welt eine so starke Einwirkung religiöser, ja kirchlicher Verhältnisse und Beziehungen auf das tägliche Leben gesehen, wie
Wilhelm Ostwald: Wider das Schulelend. Akademische Verlagsgesellschaft m.b.H., Leipzig 1909, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wider_das_Schulelend.pdf/36&oldid=- (Version vom 1.8.2018)