dort, z. B. in Boston. Umgekehrt muß ich behaupten, daß die vielbeklagte innere Entfremdung des deutschen Volkes gegenüber der christlichen Religion zu einem sehr erheblichen Teile daher rührt, daß von der Schule her das Gefühl einer dumpfen, unverständlichen Belastung sich untrennbar mit dem Begriff der Religion verbunden hat. Entfremdung von dieser bedeutet gegenwärtig also Befreiung von jener Belastung. Erst wenn Gefühle der Beglückung stark und regelmäßig sich mit dem Begriffe der Religion im Bewußtsein des Heranwachsenden verbinden, erst dann wird dieser seinerseits das Bedürfnis empfinden, sich diese Quelle inneren Glückes zu erhalten. Der andere, im Mittelalter üblich gewesene Weg, durch Drohungen und Erregung von Schreckgefühlen den Einzelnen im Kreise der Kirche festzuhalten, ist heute nicht mehr gangbar, nachdem die soziale Gewalt dieses Kreises zum größten Teile verschwunden ist. Wird dagegen der Religionsunterricht der Gemeinde anvertraut, so arbeitet er in gleicher Richtung wie das Elternhaus, das sich ihr angeschlossen hat, und es sind die Bedingungen besten Erfolges gesichert.
Wenden wir uns den Schulen zu, die zwischen der Elementarschule und der Universität stehen, und die wir insgesamt Mittelschulen nennen wollen, so fällt uns zunächst ein sehr bemerkenswerter Umstand auf. Für die Reform der Volksschule treten vor allen Dingen ihre Lehrer ein; sie sind es, welche ein der Natur der Kinder entsprechendes Verfahren verlangen, und welche an die Stelle des papierenen Wissens ein lebendiges Hineinwachsen ihrer Zöglinge
Wilhelm Ostwald: Wider das Schulelend. Akademische Verlagsgesellschaft m.b.H., Leipzig 1909, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wider_das_Schulelend.pdf/37&oldid=- (Version vom 1.8.2018)