Seite:Wider das Schulelend.pdf/53

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Organisation des Unterichtes möglich ist. Und wenn man sagen wollte: diese Prüfung unter Aufsicht des Kommissars ist notwendig, damit die Gleichheit der Leistungen in den verschiedenen Anstalten des Landes gesichert wird, so frage ich dagegen, was hat denn diese Gleichheit für einen Wert und Zweck? Hernach haben ja doch die Schüler die denkbar verschiedenartigsten Dinge zu leisten!

Und diesen Widersinn bezahlen unsere armen Jungen mit Monaten voll seelischer Qualen, mit tiefen Schädigungen ihrer Gesundheit, und was vielleicht das schlimmste ist, mit dem Bewußtsein, daß sie sich unehrlicher Mittel bedient hatten, vielleicht bedienen mußten, um den übertriebenen und pädagogisch unsinnigen Anforderungen ihrer Examinatoren zu genügen! Es ist so viel an unserem gegenwärtigen Schulwesen zu bessern und umzugestalten, daß man verwirrt dasteht und fragt: ja, wo soll man überhaupt anfangen? Darauf sage ich: fangen wir mit der Beseitigung dieses Geist und Kraft zerstörenden Unsinns an, der Abiturientenexamen heißt. Das Wohl der heranwachsenden Jugend schreit nach seiner Beseitigung, und ist erst dieses Bollwerk der Scholastik gefallen, so haben wir freie Bahn für die Wiedergeburt unserer Schule.

Vor hundert Jahren, im ersten Jahrzehnt des neunzehnten Jahrhunderts, schmachtete das deutsche Volk in tiefer Knechtschaft unter der harten und grausamen Hand eines Eroberers. Es hat sich dann aus eigener Kraft aus diesen Fesseln befreit und nach mancherlei Kämpfen und Enttäuschungen die politische

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Wilhelm Ostwald: Wider das Schulelend. Akademische Verlagsgesellschaft m.b.H., Leipzig 1909, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wider_das_Schulelend.pdf/53&oldid=- (Version vom 1.8.2018)