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William Shakespeare: Othello, der Mohr von Venedig. Übersetzt von Christoph Martin Wieland, Shakespear Theatralische Werke VII.

Othello.

O, du sprichst wie ein Orakel; das ist gewiß.

Jago.

Geht nur eine kleine Weile bey Seite, verbergt euch, und habt ein wenig Geduld. Während daß ihr hier von euerm Schmerz so unmännlich überwältigt laget, kam Cassio hieher. Ich erdachte gleich etwas, um eurer Ohnmacht eine scheinbare Ursache zu geben, und schaffte ihn wieder weg, bat ihn aber bald wieder zu kommen, weil ich mit ihm zu reden hätte. Er versprach mir’s. Verbergt euch also nur irgendwo, wo ihr ihn sehn könnt; und beobachtet das schelmische, triumphierende Lächeln, die hönische Züge, die sichtbare Leichtfertigkeit, die sein Geheimniß in seinem ganzen Gesicht verrathen. Denn er soll mir seine Erzählung wieder von vorn anfangen; wo, wie, wie oft, seit wie lange, und wenn er mit eurer Frau handgemein worden ist, und es noch ferner werden will; ich sage, gebt nur auf seine Mine Acht – – O zum Henker, Geduld, oder ich muß endlich glauben, ihr seyd über und über lauter Galle, und habt nicht das mindeste von einem Mann.

Othello.

Hörst du, Jago! Ich will dir zeigen, daß ich so lange geduldig scheinen kan, als es nöthig ist; aber eine blutige Rache soll mich davor schadlos halten.

Jago.

Es läßt sich hören; aber nur alles zu rechter Zeit.

Empfohlene Zitierweise:
William Shakespeare: Othello, der Mohr von Venedig. Übersetzt von Christoph Martin Wieland, Shakespear Theatralische Werke VII.. Orell, Geßner & Comp., Zürich 1766, Seite 322. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wieland_Shakespear_Theatralische_Werke_VII.djvu/322&oldid=- (Version vom 1.8.2018)