Seite:Wilamowitz Geschichte der griechischen Sprache 27.jpg

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aus der Sprache des Lebens und werden im Wortgebrauche manches Fremde und noch mehr künstliche Neubildungen zugelassen haben, zumal Gorgias, dessen höchstes Streben darauf ging, mit der Poesie zu wetteifern, denn diesem Zwecke dienen die drei bekannten σχήματα, Antithese, Parisose, Reim, und in ihrer Einführung liegt seine dauernde Bedeutung[1].

Das Attisch, das um 420 gesprochen ward, hat sehr anders geklungen als hundert Jahre vorher. Der Verkehr mit den Bündnern, die Tausende von Ausländern, die dauernd oder vorübergehend in Athen lebten, zumeist Ionier, hatten es erst für eine panhellenische Sprache geeignet gemacht. Die alten Herren klagten über das Eindringen von Fremdwörtern[2]. Die Komiker hatten Gelegenheit, sich über die andern Mundarten und das Radebrechen der Barbaren lustig zu machen, einzelne gelegentlich auch über ionische Aussprache[3]. Aber gerade eine Annäherung des Attischen an die verwandte Sprache, die durch die Literatur ungleich reicher und biegsamer geworden war, konnte nicht ausbleiben, wie umgekehrt das Ionische manche Sonderbarkeiten abstieß: das ὅκως u. dgl. schwindet nun selbst in Kleinasien. Die Verträge Spartas mit den Persern, die wir bei Thukydides lesen, sind ohne Zweifel ionisch abgefaßt worden; aber verschwindend weniges ist jetzt darin, was nicht auch attisch wäre.

  1. Daß er für die Gerichtsrede einen ganz anderen Stil anwandte als für die ἐπίδειξις des Epitaphios und das παίγνιον der Helene, zeigt der Palamedas. Nur wenn man ihm diese Versatilität zutraut, kann man ihm diese Reden alle lassen. Aber das muß man und muß ihn danach einschätzen. Nur lag seine Stärke nicht in der Gerichtsrede: da hat ihn Thrasymachos übertroffen, und dessen Streben nach Rhythmus ist auch gesunder gewesen als die σχήματα.
  2. Πολιτ. Ἀθην. II 8. Antiattizistische Sammlungen belegen manche unattische Wörter und Formen aus der Komödie.
  3. ὀί Aristoph. Fried. 930; aber kein Athener sagte οἶ im Dativ, sondern προβάτωι. ὄκως Aristoph. Triphales.