Seite:Wilamowitz Geschichte der griechischen Sprache 28.jpg

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Wir sind ja allein für diese Zeit in der Lage, uns von der gesprochenen Rede der Athener eine leidlich klare Vorstellung zu machen. Die Komödie zeigt, wenn wir abziehen, was sie mit Absicht Tragisches oder sonst Erhabenes einmischt, ein poetisches Abbild der Volkssprache, aber erst durch die Vaseninschriften lernen wir auch, wie die Ungebildeten sprachen, θρόφος und νύφη und Ὀλύττης und παυς für παῖς. Fluchtafeln des vierten Jahrhunderts sind korrekter, aber es steht doch neben dem normalen καταδῶ sowohl καταδέω wie καταδήω. So etwas soll man nicht vergessen, wenn die Formen in den Inschriften anderer Dialekte schwanken. Wie dann die Jugenddialoge Platons und der Sokratiker, die ihm folgen, die Umgangssprache der Höchstgebildeten zeigen, wie Lysias neben rhetorisch stilisiertem auch einfaches Attisch schreibt, Isokrates nach Überwindung der gorgianischen Künsteleien die periodisierte Rede schafft, Platon in seiner späteren Entwicklung einen Stil findet, der ohne Anleihen bei den poetischen Kunstsprachen mit der höchsten Poesie wetteifert, schließlich Menander ohne Zimperlichkeit das Attisch nimmt, wie es die Bürger sprachen, während Demosthenes in der Wortwahl eine Selbstbeschränkung zeigt, durch die die Sprache Gefahr lief, zu verkümmern, und doch in manchem, z. B. dem Gebrauch des Perfekts, Hellenistisches vorweg nimmt, das alles sind entscheidende Fortschritte, die uns allen hinreichend geläufig sind. Xenophon, der geborene Athener, zeigt, wie das lange Leben im Auslande sein Attisch gefärbt hat, obgleich er auch den Einfluß der rein attischen Sokratiker erfahren hat. Proben von dem Attisch, das Ausländer schreiben, sind aus der Übergangszeit ungenügend vorhanden; am merkwürdigsten dürfte der Arzt Diokles von Karystos sein, denn er schreibt in seinem populären diätetischen Werke, aus dem die meisten wörtlichen Bruchstücke stammen, ein einfaches fließendes Attisch, das sich doch im