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über Wandlung und Wachstum. Der gelbe Alte wohnt in der Mitte. Er wandelt immer in der Welt umher, um zu retten und zu helfen aus allerlei Not. Als er zum erstenmal auf die Welt kam, war er der gelbe Herr, der die Menschen allerlei Künste lehrte. In seinem späteren Alter erforschte er den Weltsinn auf dem Ätherberg und flog zur strahlenden Sonne empor. Unter der Herrschaft des Hauses Dschou wurde er wieder geboren als Li Oerl. Seine Mutter ging einundachtzig Jahre schwanger, ehe sie ihn gebar. Bei seiner Geburt waren sein Bart und sein Haar weiß, darum wurde er Laotse (altes Kind) genannt. Er schrieb das Buch vom „Sinn und Leben“ und verkündete seine Lehren der Welt. Er wird als Haupt des Taoismus verehrt. Zu Beginn der Herrschaft des Hauses Han kam er wieder als Alter am Fluß (Ho Schang Gung). Er breitete mächtig aus die Lehre des Tao, so daß von jener Zeit an der Taoismus zu großer Blüte kam. Diese Lehre heißt noch heute die Lehre des gelben Alten. Auch geht ein Wort um: „Erst war Laotse da, nach ihm der Himmel.“ Das bezieht sich wohl darauf, daß Laotse eben jener gelbe Alte der Urzeit war.


16. Der Kuhhirt und die Spinnerin

Der Kuhhirt war von Hause aus arm. Mit zwölf Jahren trat er bei einem Bauern in Dienst, seine Kuh zu weiden. Nach einigen Jahren ward die Kuh fett und groß, und ihre Haare glänzten wie gelbes Gold. Es war wohl eine Götterkuh.

Eines Tages, als er im Gebirge weidete, begann sie plötzlich mit Menschenstimme zu dem Kuhhirten also zu sprechen: „Heute ist der Siebenabend. Der Nephritherr hat neun Töchter, die baden heute im Himmelssee. Die siebente ist über alle Maßen schön und klug. Sie spinnt für den Himmelskönig und die Himmelskönigin

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Richard Wilhelm: Chinesische Volksmärchen. Eugen Diederichs, Jena 1914, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_ChinVolksm_031.jpg&oldid=- (Version vom 29.5.2018)