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Mit diesen Worten nahm er den eisernen Feuerhaken und machte sich daraus eine Krücke. Er hängte einen Flaschenkürbis auf den Rücken und ging in die Berge, um Arzneikräuter zu sammeln. Darum nennt man ihn Li mit der Eisenkrücke.

Eine andere Geschichte von ihm erzählt, daß er im Geiste häufig zu seinem Meister Laotse in den Himmel hinaufstieg. Bevor er wegging, befahl er einem Schüler, auf seinen Leib mit der Seele darin aufzupassen, damit sie sich nicht zerstreue. Wenn sieben Tag vorbei seien, ohne daß sein Geist zurückkehre, so könne er seine Seele in den leeren Raum entweichen lassen. Unglücklicherweise wurde der Jünger nach sechs Tagen an das Sterbebett seiner Mutter gerufen, und als am Abend des siebenten Tages der Geist des Meisters zurückkam, da war das Leben aus dem Körper schon gewichen. Da er so in seinem eigenen Körper keine Wohnung mehr fand, benützte er in der Verzweiflung den ersten Körper, der sich ihm darbot und aus dem die Lebenskraft noch nicht zerstreut war. Es war dies der Körper seines Nachbarn, eines lahmen Krüppels, der eben gestorben war, so daß von da ab der Meister dessen Äußeres an sich hatte.

Der siebente heißt Han Siang Dsï. Er war der Neffe des berühmten konfuzianischen Gelehrten Han Yü aus der Tang-Dynastie. Von frühester Jugend an pflegte er die Künste der unsterblichen Götter, verließ sein Haus und ward Taoist. Vom Großvater Lü wurde er erweckt und in die himmlische Welt erhoben. Er rettete einmal seinem Oheim das Leben. Dieser nämlich war von Hofe vertrieben worden, weil er sich widersetzt hatte, als der Kaiser einen Buddhaknochen mit großem Pomp einholen ließ. Als er auf seiner Flucht über den blauen Paß kam, hatte tiefer Schnee die Wege ungangbar gemacht. Sein Pferd war in eine Schneegrube gefallen, und er selbst war nahe daran zu erfrieren. Da erschien ihm plötzlich Han Siang Dsï, half ihm und seinem Pferde heraus und brachte ihn

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Richard Wilhelm: Chinesische Volksmärchen. Eugen Diederichs, Jena 1914, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_ChinVolksm_072.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)